Trinidad und Tobago – Karibische Leichtigkeit des Seins

Maracas Bay Trinidad

„Trini-Time“ nennt man das Phänomen, eine halbe Stunde zu spät bei Verabredungen zu erscheinen und Sprühregen begrüßt man als „Liquid Sunshine“. Auf den Schwesterninseln Trinidad und Tobago ticken die Uhren anders, karibisch anders. 11 Kilometer vor der Küste Venezuelas findet man auf den beiden Inseln ein ursprünglich gebliebenes Stück Karibik.

Natürlich Tobago
Das zwischen türkis und kornblumenblau schimmernde Karibische Meer hebt sich nur durch wenige Nuancen vom Azur des Himmels ab, als die Island Girl aus der Bucht Mount Irvine auf der Karibikinsel Tobago ausläuft. Der schnittige 43-Fuß-Luxus-Katamaran schwebt zwischen Himmel und Wasser, sein Bug gleitet leise über die ruhige Karibische See. Kapitän Danny erklärt die Route des Trips zur Emerald Bay und befiehlt lächelnd: „The bar is now open, barbecue at 12 o’clock.“ Als wir die Bucht verlassen, durchbrechen plötzlich mehrere glänzende Finnen die spiegelnde Wasseroberfläche. „Dolphins“ schallt es an Bord. Die Island Girl dreht einladend eine Runde, da surfen die Delfine mit ihren agilen Körpern bereits die Bugwelle des Katamarans unter dem Netz, auf dem ich sitze. Einer von ihnen blickt mir direkt in die Augen.

Kapitän Danny legt landestypische (Chutney-)Soca Musik auf, in der Calypso-Beats mit indischen Klängen oder Reggae-Vibes verschmelzen und setzt Segel. Die Island Girl fliegt an der Westküste Tobagos an Stonehaven und Culloden Bay vorbei, um in der Cotton Bay zu ankern, einer einsamen Bucht mit smaragdgrünem Wasser, die nur per Boot zu erreichen ist. Dschungel und Palmen säumen die Buchten Tobagos und darüber thront der von Südwesten nach Nordosten verlaufende Main Ridge Gebirgszug, der das älteste Naturschutzgebiet der westlichen Hemisphäre birgt. Seit 1776 beheimatet er eine Artenvielfalt, die einmalig ist für die Karibik. Mit Schnorchel, Taucherbrille und Flossen lasse ich mich in die smaragdgrüne Cotton Bay fallen. Schwärme von Papageienfischen, Tintenfischfamilien und Zweierformationen von blauen Doktorfischen ziehen im klaren Wasser an mir vorbei. Unbeeindruckt von der Kulisse und meiner Anwesenheit kommen sie nah heran und beäugen mich kritisch.

Die Unterwasserwelt von Trinidad und Tobago wird vom Artenreichtum an Land sogar noch übertroffen. „Ieri“ – Land der Kolibris nannten die indianischen Ureinwohner die Inseln, die vor circa fünf Millionen Jahren noch mit dem südamerikanischen Festland verbunden waren, bevor der Golf von Paria anstieg. Mehr als 430 dokumentierte Vogelarten, über 2000 Pflanzen, allein 700 Arten von Orchideen, sind dank Naturschutz und gemäßigtem Tourismus heute noch erhalten. Paradiesische Zustände – nicht nur für Vögel. Newton George, Ornithologe aus Leidenschaft, bringt uns auf Tuchfühlung mit seinen gefiederten Freunden. Mit dem Glasbodenboot geht es von der Batteaux Bay in Speyside nach Little Tobago, einer unbewohnten Insel im Nordosten, die man auch „Birds of Paradise Island“ nennt. Auf der Aussichtsplattform staune ich angesichts des Seevögel-Spektakels, als einer der Fregattvögel in Piratenmanier eine Möwe dazu nötigt, ihren Fang wieder auszuspucken, um ihn sich zu schnappen. Der Heilige Gral der Birdwatcher, versichert mir Newton. Tobago ist wie eine hyperrealistische 3-D-Naturdokumentation, in der man mittendrin steckt. Auf der Rückfahrt entdecken wir eine riesige Lederschildkröte. Exemplare dieser Art können bis zu zweieinhalb Meter groß und 900 Kilogramm schwer werden. Einen Steinwurf vom Boot entfernt taucht sie auf, um Luft zu holen. Groß wie eine treibende Türe, kämpft sie sich durch die Wellen des Atlantischen Ozeans.

Nahe dem Äquator versinkt die Sonne schnell wie ein Stein im Karibischen Meer. Genau 12 Stunden und acht Minuten scheint sie täglich. Am Strand des Pigeon Point Heritage Parks kann man diese Sonnenstunden perfekt füllen. In der Postkarten-Kulisse empfängt uns Surflehrer Duane Kenny zum Stand-Up-Paddling. Seit 400 Jahren lebt seine Familie mit spanisch-schottischen Wurzeln bereits auf Trinidad und Tobago. Indische, lateinamerikanische, europäische und afrikanische Einflüsse ergeben den interessanten Trinbagonians-Mix. Pigeon Point vereint die typischen Karibikträume an einem einzigen Strand: Erholungsgebiet, Partylocation, Wassersportzentrum, Schnorchelparadies und „Place to be in the West Indies“. Lautlos gleiten wir an der charmanten Küste entlang, bis neben einem Pier mit palmblattgedeckter Hütte ein Boot zum Buccoo Reef auf uns wartet.

Das seit Jahrmillionen gewachsene Buccoo Reef erstreckt sich über 12 Quadratkilometer und bildet ein Freiluft-Aquarium der Superlative mit Langusten, Papageien-, Doktor-, Schmetterlingsfischen, Anemonen und weiteren Exoten. Die nahegelegene Sandbank aus zerfallenen Korallen mitten im Karibischen Meer heißt Nylon Pool. Durchscheinend wie Muranoglas soll er Badende um zehn Jahre verjüngen. Mit aquamarinblauem Wasser in Badewannentemperatur, das nur bis zur Brust reicht, fühlt sich auch der Mantarochen wohl, der majestätisch seine Bahnen am Rande des “Pools“ zieht. Bootsführer Andy dreht die uns mittlerweile wohlbekannten Soca-Hits auf. Mit einem Becher Rumpunch in der Hand tanzen wir im Wasser – am Horizont eine einsame Lagune. Das muss No Man’s Land sein, wo schon ein Barbecue auf uns wartet. In der Karibik schwimmt übrigens niemand hektisch umher und zieht verkniffen seine Bahnen, nein, hier schnappt man sich eine alkoholfreie LLB-Limonade oder einen garantiert nicht alkoholfreien Rumpunsch und setzt sich mehr oder weniger ins Wasser. Ob wir heute zur „Sunday School“ gehen, fragen uns immer mehr Trinbagonians. Sunday School ist DIE Party auf Tobago. Das Bad im Nylon Pool hat offenbar gewirkt.

Kultur auf Trinidad
Nach einer durchtanzten Sunday-School-Nacht mit Kapitän Danny und seiner Crew geht’s am nächsten Morgen mit dem Flieger nach Trinidad. Die Trinbagonians nutzen diese Verbindung wie wir die U-Bahn. Morgens hin, abends zurück. Trinidad hat zwar nicht so viele Strände wie Tobago, dafür beweist die Maracas Bay im Norden Traumstrand-Potenzial: weißer Pulversand, riesige Palmen, die Schatten spenden und der von Azurblau bis Ultramarin leuchtende Ozean. Das Nationalgericht „Bake & Shark“ gibt’s hier direkt am Strand: Frittierter Schwarzspitzenriffhai wird nach Belieben mit Salat, Tomaten und Soßen in eine ebenfalls frittierte Semmel geschlichtet. Eine Art kreolischer Hai-Döner. Je mehr, desto besser schmeckt’s. Eine Stunde Fahrtzeit von Port of Spain entfernt liegt die tief eingeschnittene Bucht, umgeben von der dschungelbedeckten Bergkette Northern Range – eine Fortsetzung der venezolanischen Küstenkordilleren. Seinen Bergen verdankt Trinidad auch seinen Namen. Als Christopher Kolumbus sich 1498 erstmals näherte, stachen ihm die drei Hügel der Trinity Hills ins Auge und er taufte die Insel Trinidad, spanisch für Dreifaltigkeit.

Gunda Harewood, eine quirlige Deutsche, lebt seit 30 Jahren auf Trinidad und wird uns in die Kunst des Karnevals einweihen. Auf Trinidad feiert man nach Rio de Janeiro den größten Karneval der Welt und den größten und berüchtigtsten der Karibik. „Bei der Eröffnungsparty J’ouvert, in der Nacht vor Rosenmontag, geht’s besonders wild zu. Statt edler Kostüme steht schlichte Garderobe auf der Kleiderordnung, die nach kürzester Zeit kaum mehr zu erkennen ist, weil man sich gegenseitig mit Schokolade, Öl und Farbe bewirft“, verrät Gunda mit leuchtenden Augen. Erst an den darauf folgenden Tagen tragen die karibischen Schönheiten edlen Federschmuck und knappe Bikini-Outfits. Die konzipiert beispielsweise Derek Lewis, Gründer und kreativer Kopf der Karnevalstruppe Island People Mas (kommt von Masquerade). Er zeigt uns die Kollektion für 2014. Traumhafte Kompositionen aus Tausenden Federn und Schmucksteinen. Das Besondere am Karneval in Trinidad ist, dass im Gegensatz zu Rio jeder teilnehmen kann. Man leiht oder kauft sich eines der magischen Kostüme und tanzt in einer „Mas Band“ mit.

Nach einem kurzen Abstecher zu einem hinduistischen Tempel direkt am Meer und der größten hinduistischen Gottesstatue der westlichen Hemisphäre bringt uns Gunda nach Yerette, wo in Theo Fergusons Garten Hunderte, manchmal Tausende verschiedener Kolibris ihr Quartier aufschlagen. Den Nektarspendern sei Dank. Schneller als das menschliche Auge bewegen sie ihre Flügel, stehen in der Luft wie Helikopter und haben einen Herzschlag von bis zu 1200 Schlägen pro Minute. Die flinken Hochleistungsathleten schillern wie die Karnevalskostüme in allen erdenklichen Farben des Regenbogens. Später im Caroni Swamp, einem Mangrovensumpf südlich von Port of Spain, liefern Scharlachrote Sichler ein eindrucksvolles Schauspiel: Die purpurfarbenen schlanken Vögel fliegen kurz vor der Dämmerung gesammelt zu ihrem Schlafplatz, einem alten Mangrovenbaum. Bevor die Sonne am Horizont versinkt, gleiten sie wie Hunderte von roten Pfeilen durch die Luft, alle mit einem gemeinsamen Ziel.

Trinidads Regenwald und die Mangroven zählen zu den artenreichsten Lebensräumen der Welt: Mehr als 430 verschiedene Vogel-, 100 Säugetier-, 600 Schmetterlings- und 70 Reptilienarten lassen sich hier live beobachten. Darunter Kaimane, Leguane, Boas, Affen, Seekühe, Gürteltiere, Ameisenbären, Ozelots, Kolibris, Pelikane und Papageien. Kein Zoo der Welt kann da mithalten. Das Besondere an Trinidad und Tobago ist die einzigartige Mischung aus Traumstränden und Artenvielfalt, aus karibischer Lebensart und dem frischesten Seafood, das man sich vorstellen kann. Beim Check-in für den Rückflug wären wir übrigens beinahe eine halbe Stunde zu spät gekommen – Trini-Time eben! Und an Bord haben wir uns gewundert, warum der Kapitän weder Soca-Music auflegt noch Rumpunsch servieren lässt. Gar nicht so leicht, die Karibik hinter sich zu lassen…

Trinidad & Tobago von Tina Lindner, Texte & Meer
Foto ©: magics/Peter Schatz

 
INFO:
Einreise:
Kein Visum für Aufenthalte unter 3 Monaten erforderlichWährung: 1 Euro = 8,7 TTD (Trinidad/Tobago-Dollar);Anreise: Condor fliegt montags via Frankfurt direkt nach Tobago (ab 690 Euro hin und zurück). Von Tobago kann man stündlich mit Caribbean Airlines nach Trinidad fliegen (20 Minuten Flugzeit, für ca. 37 Euro hin und zurück), zweimal täglich pendelt eine Fähre zwischen den beiden Inseln. (ca. 2,5 h Fahrtzeit)Impfungen: Es sind keine speziellen Impfungen notwendig.Größe: Das kleine Tobago ist 41 km lang und 12 km breit, es liegt 34 km nordöstlich der 4.827 km² großen SchwesterTrinidad, die 70 km lang und 50 km breit ist.

Geografie: Die Inseln Trinidad und Tobago liegen am südlichen Ende des Antillenbogens.

Essen: Mittags bei „Gemma’s Treehouse Restaurant“ in einem Baumhaus Scampi kreolische Art mit Blick auf das Wasser genießen oder abends auf der romantischen Terrasse des „The Seahorse Inn“ zum Rauschen der Brandung dinieren.

Karneval: 3. bis 4. März 2014

Touren Trinidad:
Gunda Harewood, Island Experiences www.islandexperiencestt.com
Touren Tobago:
Newton George Nature Tours: www.newtongeorge.com
Katamaran-Touren Tobago: www.sailtobago.com
Stand-up-Paddling Tobago: www.standuppaddletobago.com

Mehr:
www.gotrinidadandtobago.com

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