BLN-Exklusiv-Interview mit Alexander H. Lottis, Vorstandsvorsitzender der Konsumgenossenschaft Berlin und Umgegend eG
Seit Mitte der 90ziger Jahre hatte Konsum Berlin für positive Schlagzeilen gesorgt: Der Wechsel vom Handel zur Immobilie, gute Dividenden, der Bau von Großprojekten wie des Allende-Centers und der Taut-Passage, die Expansion der Reisebürokette K-Tours, stark besuchte Oktoberfeste im Rübezahl sowie zahlreiche attraktive Service-Angebote sorgten für eine erfolgreiche Weiterentwicklung des Genossenschaftsgedankens unter den damaligen Bedingungen. Seit etwa dem Jahr 2000 änderte sich die Lage aufgrund objektiver und subjektiver Faktoren schrittweise und gravierend. Jetzt scheint die Existenz des traditionsreichen Unternehmens gefährdet.
Worin sehen Sie die Gründe für diesen Trendwechsel?
Direkt nach meinem Amtsantritt habe ich einen Kassensturz gemacht. Dabei stellte sich heraus, dass die wirtschaftlichen Probleme des Konsum Berlin weitaus größer sind, als bisher angenommen. Insbesondere die Wertansätze unserer Immobilien mussten drastisch nach unten korrigiert werden. Es handelt sich insgesamt um einen größeren zweistelligen Millionen Betrag.
Einige Banken haben völlig unerwartet allergisch reagiert. Sie schränkten zugesagte Kredit- und Finanzierungslinien ein, verfügten ein Auszahlungsverbot für die 57 Mio. Euro Mitgliederanteile, stoppten die Finanzierung des Einkaufszentrums Buch.
Was könnte es für Gründe dafür gegeben haben?
Ein Auszahlungsverbot über alle Mitgliederguthaben hat es gegeben! Die notwendigen Wertberichtigungen bei den Immobilien und der hohe operative Verlust im Jahre 2002 haben dazu geführt, dass die Banken ihre Kreditengagements beim Konsum Berlin überprüft haben. Angesichts der Größenordnung, über die wir hier reden, finde ich dies durchaus verständlich.
Wie hat der Vorstand reagiert?
Wir haben ehrliche und offene Gespräche mit den Banken geführt und die Lage wahrheitsgemäß und schonungslos dargestellt. Wir haben den Banken versichert, dass wir einen strikten Sanierungskurs einschlagen werden. Ein umfassendes Konzept wird zur Zeit erstellt. Die rückhaltlose Offenlegung aller verfügbaren Wirtschaftsdaten wurde von den Banken belohnt. Alle Kreditlinien wurden vorläufig bestätigt. Damit war es auch möglich, das wichtige Bauprojekt in Buch weiter zu führen. Die Banken haben sich hier wirklich sehr fair verhalten
Wer wird das Sanierungskonzept erarbeiten?
Federführend wird das Konzept vom Vorstand erarbeitet. Dies geschieht in enger Zusammenarbeit mit der renommierten Beratungsfirma Ernst & Young.
Und worauf läuft es hinaus?
Entscheidend ist, dass wir die laufenden Kosten drastisch senken. Daher werden wir zum Beispiel Immobilen veräußern, die hohe Unterhaltungskosten verursachen. Damit verbessern wir zugleich unsere Liquidität. Aber es gibt natürlich keinen Ausverkauf. Wir werden unsere Immobilien nur zu angemessenen Konditionen veräußern. Weiterhin werden wir alle Aktivitäten, auch die der Tochtergesellschaften, auf ihre Rentabilität überprüfen. Aktivitäten, die wir auf Dauer nicht wirtschaftlich betreiben können, werden wir einstellen. Für unsere Kernaktivitäten entwickeln wir ein neues Geschäftsmodell.
Bis wann wird das neue Geschäftsmodell vorliegen?
Wenn die Vertreterversammlung, unser wichtigstes Entscheidungsgremium, Ende September tagt, wird der Vorstand alle Pläne zur Beratung vorlegen.
Was sagen Sie den Mitgliedern, die um einen Verlust ihrer Einlagen fürchten?
Ich sage ihnen die Wahrheit. Beschönigungen helfen uns nicht weiter. Die Einlagen sind hochgradig gefährdet. Wenn die Bilanz von der Vertreterversammlung Ende September beschlossen worden ist, haben wir Klarheit darüber, in welchem Umfang die Einlagen der Mitglieder zur Verlustabdeckung herangezogen werden müssen. Dies ist schmerzlich, aber unvermeidlich. Aber ich sage den Mitgliedern auch, dass eine Kündigung gerade jetzt keinen Sinn macht. Sie verschlechtert eher die Chancen, wenigstens einen Teil der Einlagen zurück zu bekommen, denn jede Kündigung schwächt den Konsum. Für die entsprechenden Verluste haften jedoch alle Mitglieder, auch wenn sie jetzt kündigen.
Im Klartext gesprochen: Wie beurteilen Sie die Zukunft vom Konsum Berlin?
Wir müssen zunächst die akuten Liquiditätsprobleme lösen. Hierzu ist die weitere Unterstützung der Banken unverzichtbar. Der Konsum Berlin hat schon manche Krise erlebt und überstanden. Wir werden für die Sanierung hart arbeiten und uns mit allen Kräften dafür einsetzen, unseren Konsum zu retten.
Interview: Rudolf Hempel
Dieser Inhalt ist nur für registrierte Nutzer sichtbar. Wenn Sie sich bereits registriert haben, melden Sie sich bitte an. Neue Nutzer können sich weiter unten registrieren.