Bürgerticket für Berlin – Vision oder Irrsinn?

Bürgerticket Berlin

Stellen Sie sich vor, Sie steigen ohne Ticket in die U-Bahn. Täglich. Bezahlt haben Sie aber trotzdem. Allerdings weder am Ticketschalter, noch am Fahrscheinautomaten noch über ein (vielleicht bald auch in Berlin mögliches) Handy-Bezahlsystem.

Was derzeit kaum vorstellbar ist, ist für Grüne, Linksfraktion und Piraten erklärtes Ziel für die Zukunft des Berliner ÖPNV. Jeder Berliner soll Tram, Bus, U- und S-Bahn jederzeit nutzen können, zahlen soll die Allgemeinheit.

Wie das genau gehen soll? Nach Idee der Linksfraktion sollte jeder Berliner 30 Euro pro Monat zahlen, als verpflichtende Flatrate für die Tarifzone AB.

Noch konkreter werden die Piraten, die ihre Idee vom Bürgerticket als erste mit einer unabhängigen Experten-Studie untermauern.

Den Berechnungen des Hamburg Institut (erstellte auch schon Untersuchungen für Bundesministerien und die EU) zufolge müsste jeder Berliner dann zwischen 40 und 60 Euro pro Monat zahlen. Allerdings würden alle unter 18-jährigen Berliner gratis fahren. Für Studenten, Azubis und Sozialhilfeempfänger fiele ein ermäßigter Öffi-Beitrag von 15 Euro an. Insgesamt würde diese Form des “fahrscheinlosen Öffi-Verkehrs” rund zwei Millarden Euro pro Jahr kosten.

Weil die Beiträge – wie auch jetzt die Ticketeinnahmen – den ÖPNV bei weitem nicht finanzieren könnten, errechnete das Hamburg Institut mögliche Szenarien, wo das restliche Geld herkommen soll. Wichtig dabei: Alle errechneten Maßnahmen könnte Berlin auch ohne den Bund beschließen und durchführen.

Im Gespräch ist dabei zum Beispiel eine Kombination aus Erhöhung der Grunderwerbsteuer, einer neuen Übernachtungssteuer namens Gästebeitrag, einer City-Maut und Mehreinnahmen aus der Parkraumbewirtschaftung.

Allein 30 Millionen Euro pro Jahr, so die Rechnung der Experten, würden durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer von jetzt sechs auf 6,5 Prozent in die Kasse kommen. Begründet wird diese Steuererhöhung damit, dass bessere Öffentliche Verkehrsmittel (bzw. bessere Anbindung) auch Grundstücke aufwerten.

Weitere 40 Millionen soll der Gästebeitrag bringen, den Touristen pro Übernachtung zahlen (1,50 Euro/Übernachtung). 105 Millionen fürs Bürgerticket würden die Piraten gerne durch eine City-Maut einfahren (10 Euro je Auto/Monat). Weitere zehn Millionen kämen aus der Parkraumbewirtschaftung.

Was für die einen – zum Beispiel jene, die jetzt Monatskarten um fast 80 Euro kaufen – verlockend klingt, ist für viele andere blanker Irrsinn. 60 Euro für den Bus abdrücken, den man nie nutzt? Unfair, meint die CDU.

CDU-Verkehrssprecher Oliver Friederici: “Klar sind wir für fahrscheinlosen Verkehr. Allerdings im Sinne von berührungslos – also rasche Einführung von Handytickets oder ähnlichem.” Auch eine Öffi-Card wie sie etwa in London schon länger zum Einsatz kommt, kann sich Friederici vorstellen. Auch die Konservativen wollen es ungmölich machen, in Berlin schwarz zu fahren. Allerdings nicht mit Flatrate-finanzierten Tickets für alle, sondern mit Schranken an jedem U- und S-Bahneingang.

(Artikelfoto: U-Bahn Oberbaumbrücke  – Foto: www.fotolia.com | lassedesingen – )

Dieser Inhalt ist nur für registrierte Nutzer sichtbar. Wenn Sie sich bereits registriert haben, melden Sie sich bitte an. Neue Nutzer können sich weiter unten registrieren.

Anmelden

elf + 19 =