Friedhöfe sind nicht nur Kult-, sondern auch Kulturstätten von hohem kulturhistorischem Wert. Grablegungsareale sind nicht nur Stätten –für Denkmale, sondern in vielen Fällen selbst Denkmale. Aus den 264 Berliner Friedhöfen ragen solche von nationalem Wert hervor, wie die der Jerusalemer und Neuen Gemeinde vor dem Halleschen Tor, der Dorotheenstädtische in der Chausseestraße, der Zentralfriedhof Friedrichsfelde, aber auch der Invalidenfriedhof in der Scharnhorststraße.
Über letzteren sind seit 1990 mehrere Publikationen erschienen, die u.a. seine Geschichte mancher Legende entkleideten und klar stellten, dass er keineswegs ein nur hohen Militärs vorbehaltener Ort war. 1925 wurden dort ca. 6.000 Grabstellen gezählt, die Mitnichten mehrheitlich militärisch waren. 18 Jahre später waren es höchstens noch die Hälfte; der Ablauf der Liegefristen hatte zum Verlust der anderen Hälfte geführt. Im April 1945 Ort von Kampfhandlungen, nach der Währungsreform von 1948 von Buntmetalldieben entdeckt, bot der Friedhof zunehmend ein Bild der Vernachlässigung. Im August 1961 rückte er gar in die Zone der befestigten DDR-Grenzanlagen und musste Vormauer und Todesstreifen aufnehmen: dafür wurden Grabmale abgetragen, auch solche von kunsthistorischem Wert; andere wurden versetzt. Der Besuch der Anlage war nur noch eingeschränkt möglich. Erst mit der Preußen-Renaissance in der DDR verbesserten sich die Chancen für ostberliner Denkmalpfleger, dem Verfall Einhalt zu gebieten. Dann kam die Wende, die nun wieder interessierte. Besucher aus dem Westen anlockte. Sie zeigten sich erschüttert über den Zustand der meisten Grabdenkmäler; aber die oft geäußerten Emotionen hätten sich leicht relativieren lassen, wenn die Besucher auch einmal zu den Friedhöfen am Kreuzberger Südstern gefunden hätten. Dort kann man sich bis heute auch trefflich zum Zustand aberdutzender Erbbegräbnisse echauffieren.
Im Falle des Invalidenfriedhofs hat sich 1992 ein Förderverein gebildet. Zu seinem 10. Jahrestag legt dieser nun ein Resümee der inzwischen vorgenommenen restauratorischen Arbeiten vor, dessen Hauptteil Berichte über 85 erhaltene bzw. wieder hergestellte oder gar kopierte Grabdenkmäler einnehmen, denen jeweils ein Restaurierungsbericht beigefügt ist. So wird nicht nur das Grabmal und die sich damit abzeichnende Person vorgestellt, sondern auch mitgeteilt, welche Schritte zur Wiederherstellung der Bedeutung des Ortes daran abzulesen sind. Ein Übersichtsplan zeigt die Lage der 85 dokumentierten Grabstätten an. Dr. Kurt Wernicke
Der Invalidenfriedhof. Rettung eines Nationaldenkmals. Hrsgg. vom Förderverein Invalidenfriedhof e.V. in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Gartendenkmalpflege des Landesdenkmalamtes Berlin, L&H Verlag Hamburg 2003, ISBN 3-928119-83-4
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