Durch Mark und Sein

durch mark und sein
durch mark und sein

Wenn sich eine Stiftung noch immer um die Mark kümmert und ihr Generalbevollmächtigter Kauffmann heißt, darf nicht ausgeschlossen werden, dass jede, jeder und jedes zuerst nur an Monetäres und Pekuniäres denkt. Ist dann noch die Rede von Sparkasse und Giro-Verband, denken doch wohl viele an den eigenen Geldbeutel, an den die beiden Institutionen durch ganz geschickte Methoden, heute Marketing und Kundenmotivation genannt, herankommen wollen.

Damit nun sein (und unser) Geld nicht stiften geht, gründete der Deutsche Sparkassen- und Giro-Verband eine Stiftung, in der sich der Verband, und nun kommt´s: mit der er uns (und dank dem Kauffmann an der Spitze) einen besonderen ästhetischen Genuss schaffen will.Und auch ziemlich erfolgreich ist.

Aber der Kauffmann, den ich meine, ist quasi Kastellan des in der Mark Brandenburg gelegenen Schlosses Neuhardenberg, und er ist sicher ein guter Kaufmann, schreibt sich aber mit Doppel-F, was in Friedenszeiten soviel wie „besonders gut, besonders frisch, äußerst gut“ bedeutet hat.

Während andere das erste Wochende im Frühling für große Feste nutzten, war im Schloss Neuhardenberg ein Saisonstart mit besonderen ästhetischen Genüssen angesagt.

Ganz still und leise wurde die Saison im Kreise von ungefähr zweihundert Gästen aus Nah und Fern mit einer Vernissage eingeläutet. Wer aber zuvor einen gemäßen Startschuss erwartet hatte, war fehl auf seinem Platze – wie im Johannes-Prolog ging´s zu: Am Anfang stand das Wort. Das „stand“ ziemlich lange – bis dann ein korpulenter Herr in Jeans – es war der doppelt laudatierte Maler Harald Reiner Gratz – sich artig bedankte und uns eröffnete, dass wir nun doch noch seine Werke ansehen dürfen. Weil er sich mit vielen seiner Bilder den Märchen der Brüder Grimm zuwendet, sagen einige, diese wären „märchenhaft“. Ich sehe das ein bissel anders und kann den Besuch dieser archtektonisch interessant gestalteten Galerie wärmstens empfehlen, wenn man mal sehen will, dass uns ein Maler „ganz schön Märchen erzählen will“. HRG kann das.

Nach ausgiebigem Besuch der mark- und merk-würdigen Gratz-Galerie im Kavaliershaus des Schlosses, nach dem Gang ums Schloss und durch den von Peter Joseph Lenné und Hermann Fürst von Pückler gestalteten Landschaftspark reihte ich mich in die Schlange der Wartenden zur Vorlesung von Iris Berben und Thomas Thieme. Abwechselnd gelesen – also im Duo, ergänzt durch den Mann am Klavier, den Thieme Arthur, waren es Märchen der Brüder Grimm, die ich, so vorgetragen, gern wieder hörte. Nicht nur Grimm im allgemeinen, sondern die grimmigsten Märchen der Brüder. Sie, die Berben, mit liebenswertem Charme – er, der beste FAUST-Darsteller, den ich je erleben durfte, mit knarriger Eleganz, und beide zusammen  ließen es sich nicht nehmen, alle Gäste, die mit leuchtenden Augen zuhörten, mit geschickt genutzten Versprechern auch mal zum Lachen zu bringen.

Hätte es zum Schluß „Vorhänge“ gegeben, wären es sicher 5 geworden – soviel Applaus gab´s für Berben/Thieme/Thieme, und so wurden sie zu einer Zugabe gezwungen.

Es folgte ein Abschlußmärchen, und diese Vorlesung wurde zum Höhepunkt. Niemand bereute, jetzt den Fernseh-„TATORT“ zu verpassen;  es gab das Märchen, von einem der auszog, das Gruseln zu lernen. So vorgetragen, dass uns „die Haare zu Berge standen“.

Ganz zum Schluß habe ich darüber nachgedacht – über die Stiftung, das Schloss, die Brennerei, das Hotel, den Park, den Start in die Saison, den Generalbevollmächtigten, den Maler, den Professor, die Schauspieler, den Pianisten  – kurz: über das komplexe märchenhafte Erlebnis im Schloss Neuhardenberg…

Richtig. Niemand hat mir dort was davon gesagt – ich hab´s selbst erkannt: Wir sind ja im GRIMM-Jahr 2014. Ich bin stolz auf mich.

Dieser Inhalt ist nur für registrierte Nutzer sichtbar. Wenn Sie sich bereits registriert haben, melden Sie sich bitte an. Neue Nutzer können sich weiter unten registrieren.

Anmelden

eins + 19 =