
Berlin baut um – und zwar radikal. Immer mehr Hauptverkehrsachsen wie die Hauptstraße und die Grunewaldstraße in Schöneberg werden auf eine einzige Spur für privaten PKW- und LKW-Verkehr reduziert. Der Rest ist reserviert: eine Spur für Busse und Taxis, eine baulich abgetrennte für Fahrräder. Was als Fortschritt verkauft wird, entpuppt sich im Alltag als Rückschritt für die meisten Berliner.
Stau, Parkplatznot und Frust
Die Folgen sind längst spürbar: Dauerstaus, besonders vor Kreuzungen, weil Abbiegespuren fehlen und sich der gesamte motorisierte Verkehr auf eine Spur quetscht. Lieferverkehr und ÖPNV blockieren sich gegenseitig, weil Ladezonen und Busspuren nicht ausreichend voneinander getrennt sind1. Die Belastung durch Abgase steigt, weil der Verkehr stockt statt fließt. Und die Parkplatzsituation? Katastrophal!
In der Grunewaldstraße sind durch die neue Verkehrsführung zahlreiche Parkplätze verschwunden. Stattdessen gibt es jetzt 24 Stellplätze für Fahrräder, 4 für E-Scooter und 17 Ladezonen – auf einer Strecke von 1.309 Metern. Insgesamt wurden die Parkflächen „radikal reduziert“ In der Hauptstraße entfällt zudem das bisher erlaubte Nachtparken auf der Busspur – ein weiterer Schlag für Anwohner und Gewerbetreibende.
Symbolpolitik statt Verkehrslösung
Die Verantwortlichen argumentieren mit mehr Sicherheit für Radfahrer und Fußgänger und der Umsetzung des Mobilitätsgesetzes. Doch in der Praxis zeigt sich: Die neuen Radwege sind oft leer, während sich Autos und LKWs im Stau stauen und Kunden Parkplätze suchen, die es nicht mehr gibt. Die Realität ist: Hauptverkehrsstraßen sind die Lebensadern einer Metropole wie Berlin. Sie sorgen für die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen und sind für viele Berliner unverzichtbar, die auf das Auto angewiesen sind.
Es geht auch anders: Smarte Radwege in Nebenstraßen
Statt die Hauptstraßen künstlich zu verengen, wäre es viel smarter, die ruhigen Nebenstraßen durch Wohngebiete zu attraktiven Schnellstrecken für Radfahrer auszubauen. Radschnellverbindungen, wie sie bereits in der Planung sind, könnten Radlern einen sicheren, komfortablen und zügigen Weg durch die Stadt bieten – abseits des dichten und gefährlichen Hauptstraßenverkehrs4. So könnten Radfahrer entspannt ans Ziel kommen, ohne sich zwischen LKWs, Bussen und parkenden Autos durchschlängeln zu müssen.
Fazit: Berlin braucht seine Hauptstraßen – für alle
Eine Großstadt wie Berlin kann es sich nicht leisten, ihre Hauptverkehrsadern zu verstopfen und den motorisierten Verkehr zu verdrängen. Wer die Lebensadern der Stadt kappt, gefährdet Versorgung, Wirtschaft und Mobilität. Es wäre an der Zeit, die Bedürfnisse aller Berliner ernst zu nehmen – auch die derjenigen, die auf Auto oder Lieferverkehr angewiesen sind. Die „liebevolle Berliner Schnauze“ hat längst genug davon, vom Senat immer wieder aufs Neue diskriminiert zu werden. Smarte Lösungen statt ideologischer Symbolpolitik – das wäre der Weg, der Berlin wirklich voranbringt.
Bild: O. Nurmich
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