Eintauchen ins Märchenhafte – Die GrimmWelt in Kassel

Grimmwelt Kassel

In der dunklen Jahreszeit haben Märchen Hochsaison. Und wer kennt sie nicht, die von den Brüdern Jacob und Wilhelm Grimm gesammelten Kinder- und Hausmärchen?

Schließlich wurden sie weltweit in rund 160 Sprachen übersetzt, sind nach der Bibel das meistgelesene Buch und UNESCO-Weltdokumentenerbe. Auch wenn sie eine Zeitlang wegen mancher Grausamkeit als überholt galten, erfreuen sie sich ungebrochener Beliebtheit.

Von Cornelia Höhling

Die Spuren der Märchenerzähler führen nach Nordhessen, das sich als Heimat der Brüder Grimm versteht. Mit mehr als 30 Jahren verbrachten sie den größten Teil ihres Lebens in Kassel, weshalb die Stadt ihnen mit der im September eröffneten GrimmWelt ein besonderes Denkmal setzte.

Vorbei an Originalen hinter Glas führt der Museumsrundgang von A nach Z. Ein regelrechtes Gedränge herrscht am „Ärschlein“. Jeder ruft begeistert Schimpfwörter in die Sprachmuschel der interaktiven Station und hört als Echo eines aus der Grimm-Zeit. Sprache ändert sich, auch beim Schimpfen. Die Brüder waren die ersten, die unfeine Begriffe wissenschaftlich betrachteten. Schließlich waren sie auch Juristen, Politiker und bedeutende Sprachforscher. Das von ihnen 1838 begonnene „Deutsche Wörterbuch“ war ihr Lebenswerk. So richte sich die in „Welt der Wörter“, „Lebenswelt“ und „Welt der Bilder“ dreigeteilte Ausstellung auf 1.600 Quadratmetern, wie Kuratorin Nicola Lepp aus Berlin sagt, nicht nur an Märchenfans. Da ganze Generationen durch die Märchen geprägt wurden, solle sie auch alle Generationen ansprechen.

Weiter geht es durch das Märchenland. Kinderaugen strahlen. „Da ist er!“ Die Kleinen versuchen ihn zu fassen. Doch schwupp, schon ist der Froschkönig wieder weg. Wie von Zauberhand gelenkt, springt er unvermittelt auf dem Fußboden des Museums umher. Durch Computeranimationen wie diese werden die Besucher selbst in die Märchenwelt integriert und können etwa als Schneewittchen zwischen den sieben Zwergen sitzen. Natürlich beantwortet auch ein sprechender Spiegel die Frage: Wer ist die Schönste im ganzen Land? Und wer vom rechten Wege abkommt, findet sich im Häuschen von Rotkäppchens Großmutter wieder, die sich in ihrem Bett plötzlich in den bösen Wolf verwandelt. Keine Angst! Alles geschieht auch hier per Projektion. Gleich daneben kann jeder die Hexe aus dem Märchen „Hänsel und Gretel“ in den Ofen stoßen. Den Mutigen öffnet sich Dornröschens Dornenhecke.

Wer Kassel auf den Spuren der Brüder Grimm erkundet, wird an etlichen ihrer Wohn- und Wirkungsstätten fündig. Aber das Eckhaus an Markt- und Wildemanngasse, wo alles begann, wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Hier wohnten die Grimms mit Mutter und Schwester Lotte und empfingen die Geschichtenlieferantinnen. Eine der etwa 100 Zuträger war Dorothea Viehmann, Nachfahrin verfolgter Hugenotten. Dadurch fanden Dutzende französische Märchenvariationen Eingang in die Grimmsche Sammlung. Auch die ebenfalls von Hugenotten abstammende Apothekerstochter Dorothea Wild, die spätere Frau Wilhelms, bereicherte den Märchenschatz.

Der Museumsneubau an der südlichen Kante des Weinbergs, der als „Balkon von Kassel“ gilt, verfügt über eine 2000 Quadratmeter große Dachterrasse, die Besuchern unabhängig von den Öffnungszeiten ein Panorama über die „documenta“-Stadt weit ins sogenannte Frau-Holle-Land Nordhessen hinein bietet.++

Mehr Informationen: www.grimmwelt.de, www.grimmheimat.de , Öffnungszeiten Museum: täglich außer Montag 10–18 Uhr, Freitag bis 20 Uhr

(Artikelfoto: GRIMMWELT Eingang und Treppenaufgang | Foto: Jan Bitter)

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