Die BVG testet jetzt gratis WLAN und die Stadt verspricht 650 Hotspots bis Mitte 2016. Ist damit die „Steinzeit“ des öffentlichen, drahtlosen Internets in Berlin endlich vorbei? Ein genauer Blick auf die aktuellen Initiativen gibt Anlass für starke Zweifel.
Nach acht Jahren und mehreren gescheiterten Anläufen (mangels williger Kooperationspartner aus der Wirtschaft) ließ der Senat vor kurzem mit der Jubelmeldung aufhorchen: Gratis WLAN für alle schon bis Mitte 2016. 650 Hotspots soll die Firma ABL Social Federation (ein privates IT-Unternehmen) bis dahin in ganz Berlin aufbauen. Die Stadt stellt ihre Gebäude dafür zur Verfügung. So sollen beispielsweise auf Dächern von Rathäusern oder Bibliotheken Sender für das Funk-Internet installiert werden. Zusätzlich erhält die Betreiberfirma 170000 Euro Anschubfinanzierung. Weiteres Zugeständnis an die ABL Social Federation: die Nutzer müssen Werbung akzeptieren (die poppt dann zum Beispiel beim ersten Login auf dem Smartphone auf).
Schon alleine das mag Grund zur Kritik sein. Andererseits könnte sich Berlin ohne privaten Partner gar kein öffentliches WLAN leisten. Was Experten aber wirklich stört: Erstens sind 650 Hotspots viel zu wenige. Denn allein um den Bereich innerhalb des Rings abzudecken bräuchte man Tausende Hotspots. Zweitens läuft in Sachen Gesamtplanung einiges schief (was ja in Berlin nichts Ungewöhnliches ist). Hauptkritikpunkt: Andere, wichtige öffentliche Institutionen arbeiten in Sachen Funk-Internet nicht mit der Stadt zusammen.
Bestes und aktuellstes Beispiel: Die BVG testet seit Montag (10.8.) gratis WLAN. Am U-Bahnhof Osloer Straße will man herausfinden, wie dieses Angebot bei den Berlinern ankommt und wie die Öffi-Fahrer das WLAN nutzen. Den Bahnhof Osloer Straße hat man wegen mehrerer Faktoren für den Test gewählt. Nicht nur, dass sich an dem Knotenpunkt U8 und U9 treffen und somit theoretisch bis zu 1600 Menschen (eine voll besetzte U-Bahn sind 800) das Netz nutzen könnten.
Auch die baulichen Gegebenheiten wie beispielsweise Stahlträger fordern den Test-Planern einiges ab. So mussten mehr als zehn Zugangspunkte für den einen U-Bahn-Hotspot geschaffen werden. Wer der BVG helfen will, kann sein Urteil über das WLAN an der Osloer im Internet (BVG-Homepage) abgeben – und zwar bis Ende Oktober. So lange läuft das Pilot-Projekt. Und das ist auch schon die schlechte Nachricht. Denn, auch wenn dieser erste Gratis-Öffi-WLAN-Test ein voller Erfolg werden sollte, ist eine flächendeckende Umsetzung mehr als Zukunftsmusik. Auch ein BVG-WLAN müsste nämlich öffentlich ausgeschrieben werden. Auch hier wären private Partner mit viel „übrigem“ Geld für die Finanzierbarkeit nötig. Teurere Tickets wegen WLAN wolle wohl keiner, hieß es dazu auch von der BVG.
Ach ja, und die S-Bahn? Die hat noch gar keine Pläne für ein flächendeckendes WLAN verlauten lassen. Das liegt wohl hauptsächlich daran, dass man mit ganz anderen, kostspieligen Problemen – kaputte oder veraltete Züge und Gleise – zu kämpfen hat.
Wer in Berlin gratis Internetsurfen will, braucht dennoch nicht verzweifeln: Nicht-kommerzielle private Initiativen wie die Freifunker und kommerzielle Anbieter (Einkaufszentren, Telekom, …) stellen an vielen Orten der Stadt gratis WLAN zur Verfügung.
An der Freifunk-Initative kann sich übrigens jeder, der will, beteiligen. Man stellt dabei seinen privaten Internetzugang öffentlich zur Verfügung. Die Initiative kümmert sich darum, dass die Verbindung über einen Server umgeleitet wird. So ist rechtlich gesichert, dass keiner für „Unfug“ (zB: illegale Downloads) verantwortlich gemacht werden kann, den Fremde verschulden.
Mehr zur Freifunk-Initiative: www.freifunk.net
(Artikelfoto: Fotos direkt vor Ort hochladen und mit der Welt teilen, was man gerade erlebt? Bisher scheitert das oft an schlechter Internetverbindung oder teurer Datenrate, jetzt sollen Hot Spots Abhilfe schaffen. Foto: www.fotolia.com |cunaplus – )
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