Berlin bekommt einen neuen Bürgermeister, ganz ohne Neuwahlen. Grund ist der Rücktritt des derzeit noch Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit. Sein Nachfolger heißt Michael Müller.
Seit 2011 ist der SPD-Mann aus Tempelhof Stadtentwicklungssenator. Ab 11. Dezember soll Müller unser neuer Bürgermeister sein. Doch wie tickt der Typ eigentlich und was können oder dürfen wir von ihm erwarten? Probleme hinterlässt Noch-Stadtoberhaupt Wowi ja zur Genüge.
Fangen wir mit einem kleinen Steckbrief an. Schließlich kennen laut einer Umfrage von „Berliner Morgenpost“ und „rbb“ 45 Prozent der Berliner den designierten Bürgermeister Michael Müller überhaupt noch nicht.
Der Mann ist 49 Jahre alt und waschechter Berliner. Müller ist überdies verheiratet und hat zwei Kinder. Bei der SPD ist er seit 1981, seit 1996 sitzt er im Berliner Abgeordnetenhaus. Bis 2011 war Müller zehn Jahre lang SPD-Fraktionschef, bis 2012 zudem acht Jahre lang Landesvorsitzender. Jetzt ist Michael Müller Senator für Stadt-entwicklung, seit 2011. Wer ihm in diesem Amt nachfolgt, wenn er Anfang Dezember tatsächlich zum Bürgermeister gewählt wird, ist noch nicht klar.
Dass die SPD für Überraschungen gut ist, hat schließlich auch der klare Sieg Michael Müllers bei der parteiinternen Abstimmung über die Bürgermeister-Nachfolge Mitte Oktober selbst gezeigt. Nur wenige Politbeobachter hatten damit gerechnet, dass einer der insgesamt drei Kandidaten schon im ersten Wahlgang eine klare Mehrheit schafft. Doch 59,1 Prozent der SPD-Basis gaben Müller ihre Stimme. Seine Mitbewerber um Wowis Nachfolge sahen ganz schön alt aus: SPD-Landeschef Jan Stöß kam beim internen Votum auf nur 20,8 Prozent, Fraktionschef Raed Saleh auf noch geringere 18,6 Prozent der Stimmen.
Zumindest die SPD scheint also Vertrauen in Michael Müller als Wowereit-Nachfolger zu haben. Ob der Koalitionspartner CDU dem Neuen wirklich etwas zutraut, scheint vorerst egal. Die Union kann sich derzeit schon aus reinem Kalkül keine Neuwahlen leisten.Es fehlen ihr nämlich alternative Koalitionspartner. Also wird die CDU wohl bis zum regulären Wahltermin 2016 mit Müller arbeiten. Auch wenn sie schon vor der offiziellen Amtsübergabe so manche Forderung an den neuen Bürgermeister hat. Zum Beispiel: Michael Müller müsse das Flüchtlingsthema zur Chefsache machen. CDU-Fraktionsvize Stefan Evers sagte kürzlich im RBB-Inforadio, er gehe davon aus, dass es mit Müller eher möglich sei Antworten auf die drängenden Probleme der Stadt zu finden als mit dem scheidenden Bürgermeister Klaus Wowereit.
Allerdings gilt der designierte Bürgermeister Müller als enger Vertrauter von Wowi. An dessen Party-Glamour-Status wird der gelernte Drucker Müller trotzdem nicht herankommen. Aber vielleicht helfen dem eher stillen Pragmatiker genau jene Charaktereigenschaften bei den Mammutproblemen, die er anzugehen hat. Neben Konzepten gegen die Wohnungsnot – also Wohnungsbau, Schaffung von neuen Arbeitsplätzen, Rekommunalisierung, Flüchtlingspolitik und der ständigen Geldnot Berlins dürfte der BER auch den designierten Bürgermeister Michael Müller stark beschäftigen.
Was im Umgang mit dem verplanten Flughafen fehlt, ist eine klare politische Ansage. Statt dessen ereilen uns gefühlt im Wochentakt neue Skandalmeldungen von Deutschlands peinlichster und wohl auch teuerster Baustelle.
Wie jetzt bekannt geworden ist, könnte der weitere Ausbau des Pannenflughafens BER nach dessen Fertigstellung bis zu 3,2 Milliarden Euro kosten. Unter anderem, weil der Hauptstadtflughafen schon bei seiner Eröffnung zu klein sein dürfte – so diese jemals stattfindet.
Ebenfalls ein großes Problem des Bald-Bürgermeisers könnte die vom Noch-Bürgermeister losgetretene Olympia-Bewerbung Berlins sein. 50 Millionen Euro kostet allein die Bewerbung, zwei Milliarden Euro nach jetzigem Stand die Ausrichung der Spiele 2024. Wobei: Wie Experten an der Universität Oxford errechnet haben, lagen die Kosten für Olympische Sommerspiele (1960 bis 2012) durchschnittlich 252 Prozent über dem Plan. Mit diesem Wissen und dem um Berlins Planungsgeschick bei Großprojekten darf man gespannt sein, wie Michael Müller mit der Bewerbung umgeht. Dass er die Bürger dabei schon im Vorfeld mitreden lässt, scheint sehr wahrscheinlich. Denn dass ohne Bürgerbeteiligung nichts geht, musste Müller als Stadtentwicklungssenator beim Volksentscheid zum Tempelhofer Feld einsehen. Da wurden seine Pläne vom Volk abgelehnt.
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