Mit der Uraufführung von The Mirror der australischen Kompanie Gravity & Other Myths wurde die Herbst-Winter-Spielzeit am Chamäleon Berlin eröffnet. Anke Politz, Intendantin, begrüßte diesmal das Premierenpublikum allein von der Bühne, da der Geschäftsführer Hendrik Frobel, erkrankt war. Die knisternde Unruhe war im Saal zu spüren. Die Bühne blieb zum großen Teil im Dunkeln, es wurde mit schwarzen Vorhängen gearbeitet, so dass die Figuren sehr deutlich hervorgehoben werden konnten und man sich direkt auf das Wesentliche, in dem Moment, konzentrieren konnte. Lichtpunkte, Musik, höchstes tänzerisches und akrobatisches Niveau der Darsteller lassen auch schon mal den Atem stocken.
Gegenseitig schrauben sie sich nach oben, verbauen sich zu Türmen, katapultieren sich über die Bühne, schaffen außergewöhnliche Bilder und bauen eine Intensität im Publikum auf, die beinahe greifbar ist. Ohne gesprochene Worte, begleitet von den virtuosen Elektrokompositionen und wilden Pop Mash-ups des Musikers Ekrem Eli Phoenix, eröffnen sie mit den Mitteln des zeitgenössischen Zirkus und dem Einsatz von Licht, Sound und Projektionen neue Perspektiven auf Körper- und Selbstbilder. Der tosende Applaus am Ende der Vorstellung bewies –es war einfach toll, eine ganz besondere Show und wie ein Besucher sagte – man fühlte sich wie im manchmal wie in Trance…
Mit Gravity & Other Myths (GOM) ist eine der angesehensten Zirkuskompanien der Welt zurück am Chamäleon – mit einem Stück, das ein aufregendes neues Kapitel in der Geschichte der australischen Gruppe öffnet. The Mirror, erdacht und konzipiert vom Ensemble und seinem visionären künstlerischen Leiter Darcy Grant während eines Jahres im australischen Lockdown, lädt das Publikum ein, den Blick in den inneren und äußeren Spiegel zu werfen. Und stellt dabei die Fragen, die sowohl die Menschen auf der Bühne wie diejenigen im Publikum immer umtreiben: Welche vermeintlichen Erwartungen des Gegenübers spüren wir? Was lösen diese in uns aus? Was bedeutet Authentizität im digitalen Zeitalter?
„The Mirror erkundet, wie uns äußere Kräfte formen und beeinflussen – und setzt sich dabei intensiv mit der Bedeutung von Unterhaltung auseinander“, sagt Darcy Grant. „Und dafür nutzen wir eine sehr moderne Form eines sehr traditionellen Genres: Zirkus. Höchstes tänzerisches und akrobatisches Niveau wird dabei begleitet von zeitgenössischem Design und tiefgreifenden Fragen, die sich auch an das Publikum richten: Was findet der moderne Mensch unterhaltsam? Was will jeder von uns der Welt zeigen? Ist es das, was du willst?“
The Mirror eröffnet dabei nicht nur die neue Spielzeit am Chamäleon, sondern auch einen dreiteiligen GOM-Produktionszyklus unter dem Titel „A Company in Residence„. Ekrem Eli Phoenix, eröffnen die Künstler:innen von GOM mit den Mitteln des zeitgenössischen Zirkus und einem innovativen Einsatz von Licht, Sound und Projektionen neue Perspektiven auf Körper- und Selbstbilder. Und lassen den allgegenwärtigen Spiegel, der die Menschen auf der Bühne in verschiedenen Inkarnationen immer wieder zu sich zieht, dabei wahlweise aussehen wie einen verheißungsvollen Eingang ins Licht oder ins Höllenfeuer – und immer wieder wie ein Tor zum Ich. Das Stück schafft es dabei, gleichzeitig Jean-Jacques Rousseau und Britney Spears zu zitieren, als wäre die Kombination die selbstverständlichste der Welt.
Darcy Grant, der vor Jahren selbst als Akrobat am Chamäleon auftrat und im Jahr 2019 mit dem GOM-Welterfolg Out Of Chaos zum ersten Mal als Regisseur zurückkehrte, nennt The Mirror die sowohl „physisch wie konzeptuell ambitionierteste Herausforderung“, die sich das Ensemble je zugemutet habe. „Es geht dabei auch um uns selbst als Künstler und Akrobat, um unser Verhältnis zum Publikum“, sagt er. „Wir setzen uns immer wieder über unsere körperlichen Grenzen hinweg und versuchen gleichzeitig zu verstehen, warum wir das tun und was das über unseren Selbstwert sagt?“ Das Stück könne dabei genauso als Einladung zur Selbstreflektion wie auch zu Eskapismus und Lebensfreude verstanden werden. Am wichtigsten, laut Grant: „Genießen wir es!“
Damit sei die Kompanie am Chamäleon genau richtig, sagt die Intendantin Anke Politz über die erneute Zusammenarbeit mit GOM. „Wir sind stolz darauf, dieses gleichzeitig sinnliche und komplexe Stück zeitgenössischen Zirkus als Coproduzent bei uns auf die Bühne zu bringen“, erzählt sie. „The Mirror präsentiert sich uns mystisch, kraftvoll und mit jeder Menge Selbstironie und Spielfreude. Klischees werden uns um die Augen und Ohren gehauen, um dann mit Witz und Geist in eine neue, zeitgenössische Form gegossen zu werden. Der Blick in den Spiegel ist gleichzeitig ein Blick in die unterschiedlichen Facetten menschlicher Natur – und lässt uns dabei immer wieder von Neuem unser Verständnis von Miteinander, Genderrollen, Unterhaltungsformen und digitaler Selbstdarstellung überprüfen.“
Auf die Uraufführung im September folgt im November erst eine Wiederaufnahme des Publikumslieblings Out Of Chaos und im Januar 2023 präsentieren GOM ihren gefeierten Erstling A Simple Space, als Eröffnung der Gastspielreihe Play, die das Chamäleon vom 03. Januar bis zum 12. Februar 2023 präsentieren wird.
Wir wünschen GUTES GELINGEN, immer ein zufriedenes Publikum und Applaus, Applaus !!!
Gravity & Other Myths: THE MIRROR
- Wer: Eine Koproduktion von Gravity & Other Myths, Chamäleon Berlin und Sydney Opera House
- Wann: Di. – Fr. 20:00 Uhr Sa. 18:00 & 21:30 Uhr So. 18:00 Uhr
- Tickets: chamaeleonberlin.com über die Tickethotline 030-4000 590 sowie an allen bekannten VVK-Stellen
- Preise: 37,00 – 61,00 Euro / Für Besitzer eines „berlinpass“ sind ermäßigte Tickets für 10,00 Euro erhältlich
Bildnachweis: ©pegü
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