Die Berliner Wirtschaft ist auf den Brexit vorbereitet

Brexit: Berliner Wirtschaft ist vorbereitet / Bildnachweis: CC0 via Pixabay.com
Brexit: Berliner Wirtschaft ist vorbereitet / Bildnachweis: CC0 via Pixabay.com

Am 31. Januar 2020 ist Großbritannien offiziell aus der Europäischen Union ausgetreten. Auf die Berliner Wirtschaft hat sich der EU-Austritt nach Einschätzung der Berliner IHK zunächst nicht unmittelbar ausgewirkt. Zum einen gelten bis Ende des Jahres 2020 noch umfangreiche Übergangsregelungen, zum anderen hat die mehrfache Verschiebung des Austritts den Unternehmen zusätzliche Zeit für die Vorbereitung verschafft. Großbritannien gehört zu den TOP-7-Import- und TOP-6-Exportmärkten für Berliner Unternehmen.

Über 400 Unternehmen aus Berlin unterhalten in einem signifikanten Umfang Wirtschaftsbeziehungen mit Großbritannien. Das erwirtschaftete Handelsvolumen lag dabei zwischen Januar und November 2019 bei rund 1,1 Mrd. Euro. Großbritannien ist und bleibt auch nach dem Brexit der sechswichtigste Exportmarkt Berlins. Trotz der wirtschaftspolitischen Unsicherheit steigt die Nachfrage nach Berliner Exportgütern – zuletzt um 8,7 % im Vergleich zu 2018.

Bis zum Ende der Übergangsphase bleibt Großbritannien nach dem derzeitigen Stand der Dinge in der Zollunion sowie im EU-Binnenmarkt Das EU-Recht gilt in dieser Zeit für das Vereinigte Königreich grundsätzlich fort, jedoch ohne Beteiligung in den EU-Institutionen. „Die Berliner Unternehmen haben die mehrfache Verschiebung des Brexits gut genutzt, um sich auf den Tag X vorzubereiten. Sie haben ihre Lieferketten und Produktionsabläufe überprüft und angepasst“, so Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin. „Auch nach Ablauf der Übergangphase rechnen wir nicht unmittelbar mit Auswirkungen auf die Berliner Wirtschaft, da die Verflechtung hier nicht so intensiv ist wie beispielsweise in Baden-Württemberg. Allerdings werden wir sicher die mittelbaren Folgen zu spüren bekommen. Denn wenn sich die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Großbritannien insgesamt verschlechtern, hat das natürlich auch Auswirkungen auf die Berliner Wirtschaft.“

Die IHK Berlin bietet regelmäßig Zollworkshops für Unternehmen an, um gerade kleine und mittelständische Betriebe mit den Anforderungen beim Handel mit Drittstaaten, also Ländern außerhalb der EU, vertraut zu machen. Zu den Außenwirtschaftsdokumenten zählen u.a. Ursprungszeugnisse oder das Carnet A.T.A. Dieses wird beispielsweise benötigt, wenn man Gegenstände wie Film- oder Messeausrüstungen in ein Drittland mitnimmt. „Auch ohne Brexit sind im Bereich Außenwirtschaft und Recht der IHK Berlin in den letzten Jahren der Beratungsbedarf und die Zahl der ausgestellten Außenwirtschaftsdokumente stark gestiegen“, so Jan Eder. „Wir sehen, dass weltweit ständig neue Sonderzölle eingeführt werden oder die Politik Einfuhrvorschriften verschärft. Das macht die Internationalisierung der Berliner Wirtschaft nicht einfacher.“

So wurden 2017 noch insgesamt 31.526 Dokumente ausgestellt, 2018 waren es bereits 32.252 und 2019 sogar 34.442 Außenwirtschaftsdokumente. Der größte Anstieg wurde dabei bei den Ursprungszeugnissen verzeichnet, mit denen die Unternehmen dokumentieren, wo z. B. ihre Produkte hauptsächlich hergestellt wurden. Grund für den Anstieg sind vor allem die immer höheren Zollhürden. Besonders stark betroffen waren die Berliner Unternehmen, die Handel mit der Türkei betreiben (2017: 385, 2018: 2054, 2019: 3278).
„Wir gehen davon aus, dass die Zahl weiter steigt. Wir sehen, dass weltweit die Handelshemmnisse zunehmen. Und wenn Großbritannien ab Anfang 2021 tatsächlich wie ein Drittstaat behandelt wird, wird das die Fallzahlen natürlich noch einmal erheblich erhöhen“, so Eder.

Wie etwaige Abkommen ab dem 1. Januar 2021 aussehen können, ist derzeit noch unklar. Die rechtliche Grundlage wird ein Freihandelsabkommen bilden. Geht es um ein einfaches Handelsabkommen, müssen im Herbst nur die EU-Parlamentarier zustimmen. Sind Bereiche wie Investitionsschutz, Dienstleistungen oder Finanztransaktionen mit einbezogen (Mischvertrag), dann müssten die einzelnen Mitgliedsstaaten zustimmen. „Sollte es bis Ende des Jahres ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien geben, wäre dies ein Rekord in der Geschichte der EU. Noch nie wurde ein Abkommen in so kurzer Zeit verhandelt“, so die Einschätzung Eders.

Bildnachweis: CC0 via Pixabay.com

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