Der helle Wahnsinn im Berliner Wintergarten

Der Helle Wahnsinn
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 „Eine Revue verruckt im Tutu“ will der KZ-Überlebende Freiherr von Heymann (Jack Woodhead) im Irrenhaus auf die Beine stellen, in das er in der 1947 angesiedelten Geschichte wegen seiner offen gelebten Homosexualität gesperrt wird.

In Fummel und Highheels  singt und spielt er sich am Piano in die Herzen der anderen Insassen. Dem wunderschönen Zigeuner-Jungenmädchen Punka  (David Pereira)  schenkt er neuen Lebensmut, weil er ihre Weiblichkeit und ihren Sexappeal zelebriert. Auch die anderen Ausgestoßenen, Diskriminierten und Weggesperrten fangen an zu singen und zu tanzen. Heymanns Musik wirkt Wunder bei einer Schizophrenen, einer depressiven Alten, bei Patienten mit Zwangsneurosen und auch bei einem Mörder.

Die Insassen studieren eine Revue ein und präsentieren sie dem amerikanischen Showproduzenten Mr. Wonderland, der den „Balabalas“ das Auswandern ins freie Amerika ermöglichen soll. Tja – schrill und provokant ist das „Artistical“, die Mischung aus Musical, Zirkusvorstellung und Varieté im Stil der 20er Jahre. Es jagen sich atemberaubende Trapez-Nummern, Slapstick, Striptease, Seiltanz, Zaubertricks, hinreißender Stepptanz und sich anmutig verbiegende Schlangenmenschen. Dass die Geschichte, die um die künstlerischen Darbietungen konstruiert wird, nicht wirklich funktioniert, wird für den staunenden Zuschauer zur Nebensache.

Wie die Artisten mit Leidenschaft ihren Ticks und Neurosen frönen, hat auf jeden Fall  erstklassigen Unterhaltungswert. „Berlinesque“ nennt der Wintergarten die mutige und im besten Sinne grelle, überdrehte und tuntige Freakshow, die Regisseur Markus Pabst mit seinen Hauptdarstellern und Songschreibern Woodhead und Pereira auf die Bühne gebracht hat. Den auf Intoleranz gerichteten moralischen Zeigefinger und die überstrapazierte Botschaft, dass Lebensfreude und Optimismus jeden noch so dunklen Ort mit Licht erfüllen, verzeiht man da gerne. Unbedingt hingehen!

Weitere Informationen: www.wintergarten-berlin.de

(Text: Susanne Gütte – Artikelfoto: Der Helle Wahnsinn | © R.Pater)

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