Der Taxi-Protest vom vergangenen Mittwoch (12.06.) macht sichtbar, was viele Smartphone-Nutzer schon wissen: Berlins Taxilenker haben im Internet so richtig Konkurrenz bekommen. Die alteingesessenen Unternehmer fürchten sich vor den neuen Mitbewerbern, die via Handy buchbar sind.
Der größte Neue heißt „Uber“ und ist ein US-Start-Up, das mittlerweile weltweit fungiert. Doch: Wie funktioniert das eigentlich? Wie sieht die Rechtslage aus? Und ist es wirklich die billigere bzw. bessere Lösung? Die Berliner Lokalnachrichten haben recherchiert.
Der Chauffeur-Dienst „Uber“ ist eigentlich in Berlin verboten. Eigentlich. Denn es juckt das mit rund 17 Millionen Dollar bewertete US-Unternehmen wenig, dass der Berliner Taxi-Unternehmer Richard Leipold vor Gericht die Klage gegen „Uber“ gewonnen hat: „Uber“ verstoße gegen das Personenbeförderungsgesetz, befanden die Richter (Az. 15 O 43/14). Demnach sind Limousinenfahrer Mietwagenunternehmer, die nach ihrem Auftrag an den Betriebssitz zurückkehren müssen. Das tun die Fahrer der schwarzen „Uber“-Limos aber nicht, klagen die Taxilenker. Vielmehr würden sie ihnen – etwa auf Tegel – die Standplätze streitig machen und Kunden abgreifen.
Wieso der Chauffeurdienst trotz des de facto Verbots ungeniert weiter macht und machen kann? Geld ist Macht. Und bewahrt in diesem Fall davor, dass der Kläger überhaupt versucht, bis zum obersten Gericht zu gehen – schlicht, weil ein Berliner Taxi-Chef sich einen jahrelangen Rechtsstreit mit einem Millionen-Dollar-Unternehmen nicht leisten kann.
Allerdings sind Unternehmen wie „Uber“ nicht der erste Stein des Anstoßes für Umbruch auf dem Berliner Taxi-Markt. Die Branche wa nämlich davor schon intern zerstritten. Die Fronten hießen (bis vor „Uber“) Funktaxizentrale versus „Mytaxi“.
„Mytaxi“ ist ebenfalls eine Smartphone-App, allerdings vernetzt diese freie Taxifahrer mit Fahrgästen. Hinter der Idee steckt ein Hamburger Unternehmen. Welches jetzt skurriler Weise plötzlich in einem Boot mit den Funktaxizentralen sitzt. Denn hat zuerst „Mytaxi“ diesen die Fahrgäste weggeschnappt, so hat man nun gemeinsam Angst vor den Auswirkungen von „Uber“.
Aber: Egal ob legal oder illegal, die Gründe für die Probleme der Taxi-Branche lassen sich nicht einzig auf neue Konkurrenz abwälzen. Kaum jemand, der noch nicht die ein oder andere schlechte Erfahrung mit einem Berliner Taxilenker gemacht hat.
Unfreundlich, unzureichende Orts- und/oder Sprachkenntnisse (oder Vorspiegelung derselben zwecks Abzocke) oder gar Nichterfüllung der Beförderungspflicht – so lauten einige der oft gehörten Beschwerden über die warmherzigen Lenker der Autos mit der gelben Leuchttafel auf dem Dach.
Auch die jüngste Tarif-Erhöhung stößt vielen Taxi-Kunden sauer auf. Im Februar stieg der Grundpreis um 6,25 Prozent auf 3,40 Euro, der Kilometerpreis für die ersten sieben Kilometer um 8,5 Prozent von 1,65 auf 1,79 Euro.
Die Tarife von „Uber“ in der billigsten Fahrzeugkategorie („UberPOP“) sind dagegen wahrlich eine Kampfansage: 1,- Euro Grundtarif, 0,35 Euro pro Minute bzw. 1 Euro pro Kilometer.
Für die Kunden also alles schick, oder? Mehr, billigeres und teils „freundlicheres“ Angebot – was kann man denn daran noch auszusetzen haben. Kurzfristig vielleicht nichts. Langfristig stellt sich allerdings die Frage, was das für jene bedeutet, die in der Taxi-Branche, aber auch für Limousinen-Dienste wie „Uber“, arbeiten.
Preis-Dumping bedeutet im Umkehrschluss leider auch immer Lohn-Dumping. Im Extremfall verlieren vielleicht Hunderte Taxi-Fahrer ihren Job. Und für die anderen gilt dann: Wer’s nicht auf Hartz IV-Niveau macht, braucht gar nicht versuchen, einen Job zu kriegen.
Der Berliner Taximarkt ist nicht das erste Beispiel für das „geniale“ Zusammenspiel von sogenannter Globalisierung und Untätigkeit der heimischen Politik. Dass Arbeitsbedingungen wie bei „Amazon“ geduldet, manchmal gar zwecks „Investorenpflege“ subventioniert werden, ist ein Armutszeugnis für einen Sozialstaat. Im Endeffekt ist nämlich klar: Wer keinen Job hat oder nix verdient, kann auch nix kaufen. Das schadet dann wiederum der Wirtschaft.
Was also für den Umgang mit „Uber“ und Co. wünschenswert wäre? Ganz klar: Gesamteuropäische Gesetzesauflagen, zu welchen Bedingungen Chauffeurdienste arbeiten dürfen. Das gilt übrigens auch für Taxi-Unternehmen. Auch hier sind einheitliche EU-Standards längst überfällig.
(Artikelfoto/Collage: S.Guette)
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