Droht Berlin ein Fahrverbot?

Mit der Rechtmäßigkeit von Fahrverboten in Städten als mögliche Maßnahme zur Senkung der zu hohen Stickstoffdioxidwerte hat sich das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig beschäftigt.

Geklagt hat die Deutsche Umwelthilfe, der die bisherigen Maßnahmen der Städte nicht ausreichten. Auf die Entscheidung warteten Tausende besorgte Autofahrer – auch in Berlin. Besitzer der älteren Diesel-Modelle befürchten Wertverluste und Probleme beim Weiterverkauf. Die Preise dreijähriger Diesel sanken schon 2017 aufgrund drohender Fahrverbote von 56 auf 53,4 Prozent des Neupreises – Benziner blieben laut DAT-Barometer konstant.

Die Bundesregierung hält Fahrverbote für Dieselautos in Innenstädten offenbar für unvermeidlich und bereitet schon die rasche Umsetzung vor. Das meldet die Nachrichtenagentur AFP am Samstag (24. Februar) unter Berufung auf eine Antwort von Verkehrs-Staatssekretär Norbert Barthle (CDU) auf eine Anfrage des Grünen-Politikers Matthias Gastel, in der es heißt, eine neue Rechtsgrundlage für streckenbezogene Verkehrsverbote oder -beschränkungen solle geschaffen werden. Sie könnte in die nächste Novelle der Straßenverkehrsordnung eingehen, die noch 2018 abgeschlossen werden soll.

Es heißt, die neue Rechtsgrundlage in der Straßenverkehrsordnung solle zum Schutz der menschlichen Gesundheit vor Feinstaub oder Abgasen (Stickstoffdioxid) geschaffen werden, soweit die festgelegten Grenzwerte tatsächlich überschritten werden. Damit wären «erstmals auch streckenbezogene gefahrenabwehrrechtliche Maßnahmen zum Schutz vor Feinstaub möglich». Diese Maßnahmen könnten damit unabhängig vom Vorliegen eines Luftreinhalteplans angeordnet werden – ein solcher Plan ist demnach bislang stets Grundlage einer Umweltzone.

Die neuen Maßnahmen in der Straßenverkehrsordnung könnten auch eine Festlegung zur Umweltzone «ergänzen», heißt es in dem Schreiben weiter: «Für die besonders belasteten Straßen innerhalb der Zone» könnten so schärfere oder ergänzende Maßnahmen angeordnet werden.

Die Polizeigewerkschaften mahnen, Diesel-Fahrverbote in deutschen Städten seien aus ihrer Sicht wegen fehlender Kontrolle nicht durchzusetzen. Denkbar seien bestenfalls Stichproben.

Das Bundesverkehrsministerium erklärte offiziell, die Regierung wolle Fahrverbote vermeiden. Eine Sprecherin verwies auf das «Sofortprogramm Saubere Luft» in Milliardenhöhe, das auf den Weg gebracht worden sei. Bei der EU-Kommission habe die Regierung aber zudem zusätzliche Maßnahmen angekündigt – so wolle sie, «falls nötig», die Städte dabei unterstützen, wirkungsvolle Verkehrsvorschriften auf bestimmten Straßen einzuführen.

Hier setze sie sich aber für «intelligente, digitale Lösungen» ein – Fahrverbote sollten so vermieden werden.

Ob es doch zu einem Verbot im Berliner Stadtgebiet kommt, hängt zunächst von der Entscheidung am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ab, die am 27. Februar für die Städte Düsseldorf und Stuttgart erwartet wird. Danach wird das Verwaltungsgericht Berlin entscheiden.

Der Gerichtsentscheidung sorgt schon jetzt in Berlin für politischen Zündstoff. Der Grünen-Verkehrspolitiker Matthias Dittmer forderte eine „lokale Agenda zur Verbesserung der Luft“ – mit einem Fahrverbot für schwere Lkw in großen Teilen der Stadt. Außerdem solle über die Anschaffung von Erdgasbussen im ÖPNV nachgedacht werden. Der Nahverkehr müsse außerdem verbessert werden, fordert Dittmer. Damit die S-Bahn in der Innenstadt alle fünf Minuten fahren kann, müssten Bahnanlagen rasch erweitert werden. Auch eine Senkung der Fahrpreise hält er für erforderlich.

Fest steht, auch Berlin tut in den Augen der Deutsche Umwelthilfe zu wenig zur Minderung der Stickoxid-Belastung. S.Guette/ FPU

Artikelfoto: © pixabay.com / CC0 Public Domain / bachstroem

 

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