Das Musical „Elisabeth“ im Theater des Westens: sehenswert und unvergesslich

Wer kennt sie nicht, die Geschichte der österreichische Kaiserin Elisabeth (Sisi), von ihrer Verlobung und Hochzeit im Jahr 1854 bis zu ihrer Ermordung 1898 durch den italienischen Anarchisten Luigi Lucheni. Der Kampf ihr eigenes Leben führen zu wollen, die Macht der Schwiegermutter, die unglückliche Ehe,  und ihre Faszination für den Tod.

Das Musical habe ich vor bestimmt fast 30 Jahren zum ersten Mal in Wien, im Theater an der Wien gesehen und war sofort von der eindrucksvollen Inszenierung, der mitreißenden Musik und den tiefgründigen Texten fasziniert. Es zählt zu meinen absoluten Lieblingsmusicals, denn viele der Lieder wie – allen voran „Ich gehör nur mir“ – sprechen mir aus der Seele, wurden zum Ohrwurm. Die Geschichte der Kaiserin, die zwischen Pflicht und Freiheit gefangen ist, berührt mich immer wieder aufs Neue.

Auch im Theater des Westens, als Pia Douwes die Rolle der Elisabeth spielte und Uwe Kröger den Tod, sah ich mir das Stück an. Die CDs, heute Oldschool, mit den Musikaufnahmen im Theater an der Wien am 19. und 20. Januar 1996 liegen immer abspielbereit im Player. Als ich erfuhr, dass es eine neue Aufführung des Musicals von Michael Kunze (Buch) und Sylvester Levay (Musik) in der gefeierten Schönbrunn-Version in der Inszenierung von Regisseur Gil Mehmert während ihrer Tour, nach zahlreichen Aufführungen in Österreich, Deutschland, China, im Theater des Westens, geben würde, war ich gespannt, wollte es unbedingt sehen.

Am 5. März 2025 war es endlich so weit – die Premiere in Berlin stand bevor. Zunächst ungewohnt war das Orchester auf der Bühne. Außer Treppe und Türrahmen gab es kein besonderes Bühnenbild. Dann erschallt eine Frage im Raum, an ihren späteren Mörder Luigi Lucheni gerichtet: Warum haben Sie die Kaiserin ermordet? Wer waren ihre Hintermänner?  Robin Reitsma antwortet mit kräftiger Stimme, und wie dann auch während der gesamten Aufführung als gleichzeitiger Sprecher, immer überzeugend mit Spott und Gehässigkeit: „Weil sie es  wollte“!

 

Die Geschichte beginnt mit einem Duett zwischen Elisabeth und ihrem Vater. Sie singt, dass Mama Gäste geladen hat, sie es grauenhaft  findet „…und ich wollt ich könnt mich drücken vor dem Klatsch und dem Getue. Doch die Gouvernate lässt es nicht zu. Vater warum kann ich denn nicht mit dir gehen „Weil es nicht geht, „ die kurze Antwort des Vaters im weiteren Verlauf fragt Sissi wieder „warum kann ich denn nicht träumen und Gedichte schreiben, reiten mit dem Wind, ich möchte mal so sein wie Du  „Das Leben ist zu kurz dass man sich nur eine Stunde des Tags mit Familientreffen beschäftigen kann“ Er hasst Familientreffen. Singt auch, dass Helene zur Kaiserin dressiert wird…und dann wieder die Frage von Elisabeth „warum kann sie nicht tun was sie will – sie möchte so sein wie ihr Vater. Die Melodie ist einprägsam, der Gesang berührend.

Eigentlich soll die Schwester von Elisabeth, Helene,  den Kaiser Franz Josef, gespielt von Dennis Henschel, heiraten. Doch er entscheidet sich für Sissi. Schon nach den ersten Szenen war mir klar: Die Besetzung passte zu den Figuren. Besonders der Tod, gespielt von Lukas Mayer, der 25-jährige Augsburger, der 2019 in Berlin den Bundeswettbewerb Gesang gewann, bekam viel Beifall.  Der große blond gelockte junge Mann, charismatisch und beweglich, zog das Publikum mit seiner faszinierenden Ausstrahlung in den Bann. Auch Elisabeth, gespielt von Roberta Valentini, brachte die innere Zerrissenheit und den Freiheitsdrang der Kaiserin mit großer Intensität auf die Bühne.

Robin Raitsma, Mörder und Erzähler, führte souverän durch die Handlung und verstärkte die düstere Atmosphäre der Geschichte   Man spürte, dass die Darsteller ihre Rollen nicht nur spielten – sie lebten sie. Diese Hingabe machte die Inszenierung besonders intensiv und emotional. Durch die konzertante Inszenierung, bei der das Orchester direkt auf der Bühne platziert war, wurde die Musik noch präsenter und intensiver.

 

Lieder wie „Ich gehör nur mir“, „Der letzte Tanz“ und „Mama, wo bist du?“ entfalteten so ihre volle emotionale Wucht. Ein absoluter Gänsehaut-Moment war für mich der Auftritt des kleinen Rudolf, der mit „Warum kann ich nicht bei dir sein?“ das Publikum tief berührte. Diese Szene geht mir jedes Mal besonders nahe. Da kommt schon manchmal eine Träne. Etwa 40 Kinder hatten sich in Berlin für die Rolle des Rudolph im Musical „Elisabeth“ beworben. Vier Mädchen und zwei Jungen wurden ausgewählt. Am Prämierenabend sang und spielte ein Mädchen überzeugend die Rolle. Der Beifall des Publikums wollte nicht enden.

Diese moderne Gestaltung machte die Szenenwechsel fließender und verlieh der Aufführung eine neue Ästhetik – allerdings der Charme der detailreichen Kulissen aus früheren Versionen hatte auch seinen Reiz. Licht- und Videoeffekte sorgten für eindrucksvolle Momente, perfekte Illusionen,  besonders in den Begegnungen zwischen Elisabeth und dem Tod. Sie ziehen sich durch das gesamte Stück und am Ende finden sie doch zueinander und Lukas Mayer trägt sie von der Bühne. Luigi Lucheni legt sich selbst die Schlinge um den Hals.

Die Wirkung von Elisabeth war ungebrochen. Die leidenschaftlichen Darsteller, die kraftvolle Musik, opulente Kostüme, und die moderne Umsetzung schufen eine fesselnde Atmosphäre, die mich und das Publikum von Anfang bis Ende begeisterte. Dazu waren die Schauspieler durchweg überzeugend, und einige Songs hatten das Zeug zum Ohrwurm, wie „Die Schatten werden länger“. Auch berührte die Musik mehr durch groß angelegte Orchesterarrangements.

Als nach der letzten Szene der Applaus aufbrandete und die Zuschauer in stehende Ovationen ausbrachen, wusste ich: Elisabeth hat nichts von seiner Faszination verloren – und für mich vergingen die zweieinhalb Stunden wie im Fluge. Es war wieder einmal ein unvergessliches Erlebnis. Noch bis zum 6. April 2025 ist das Musical im Theater des Westens in Berlin zu erleben.

 

Text und Fotos: ©pegü

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