Der Alexanderplatz – ein Platz zwischen Ramschläden, Nobelrestaurants und Dauerkirmes – gute Planung sieht anders aus
Berlin Mitte: Kaum eine Woche, in der der Alexanderplatz nicht in den Nachrichten ist. Die Palette reicht von traurigen Berichten über Todesopfer nach Prügelattacken bis hin zur gefühlt hunderttausendsten Debatte über eine mögliche Neubebauung. Fakt ist: Am Alex ändert sich zwar ständig irgendwas. Städtebaulicher Gesamtplan ist aber irgendwie keiner erkennbar.
In seiner Not hat der Senat kürzlich tatsächlich die alten, nicht umsetzbaren bzw. nicht umgesetzten Hochhauspläne aus dem Jahr 1993 aus der Schublade geholt – um daraus etwas zu basteln. Ein Blick auf die jüngsten Berliner Bebauungsprojekte (ob in Umsetzung – wie das neue Quartier hinter dem Hauptbahnhof – oder gescheitert – Bsp. Tempelhof, wir berichteten über beides) zeigt, dass die Stadt kein goldenes Händchen in Sachen Planung hat. Dass sich das beim Alex ändern wird, ist kaum zu erwarten. So dämmert der einstige Vorzeigeplatz des DDR-Regimes in Erinnerung an „bessere“ Zeiten vor sich hin.
Sein Augenlicht stören dabei, anders als einst, nicht machtstrotzende Parteiaufmärsche oder die zwei Handvoll Punks, die immer schon da gewesen zu sein schienen.
Unser Alex hat Ausschlag. Wie Pickel poppen fast wöchentlich irgendwelche Buden aus dem Boden. Nicht nur Oster- und Weihnachtsmarkt sowie Oktoberfest muss der Platz ertragen – und mit ihm die Passanten und Anwohner der umliegenden Straßen. Unter vielfältigen Namen findet sich immer irgendein Grund die ewig gleich aussehenden Fress- und Saufbrettervorschläge zwischen Alexanderhaus und Galeria Kaufhof hinzupappen.
Doch der Ramsch bleibt nicht in den Jahrmarktbuden. Er ergreift auch als in Glas gekleideter Laden Platz vom Platz. Unter großem Eröffnungstamtam ist die umstrittene Kleidungsdiskontkette „Primark“ vor kurzem am Alex begrüßt worden, von kaufwütigen Massen und ein paar verstreuten Demonstranten (ihnen stoßen die menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen der Näher in Fernost sauer auf). Geblieben sind nur die Schnäppchenjäger. Während sie in Billigklamotten wühlen, formieren sich auf der anderen Seite des Alex die Anzugträger. Ein neues Restaurant der Kette „Vapiano“ lädt zum Dinieren. Arbeiten oder wohnen könnten die Besserverdiener im neuen, noblen Büro- und Wohnquartier, das direkt neben der Stadtbahntrasse errichtet wird. Egal, ob man das gut heißt oder nicht, es wird zumindest real gebaut.
Ganz anders sieht‘s da derzeit beim im Mai groß angekündigten Mega-Hochhaus aus, das am Saturn-Gebäude entstehen soll. Das einzige, was vom 39-stöckigen Wohnhaus derzeit zu sehen ist: Visualisierungen im Internet. Zwar stieß der 150-Meter-Bau des US-Architekten Frank O. Gehry beim Senat auf großes Wohlwollen. Konkreten Termin für einen Baubeginn hat aber noch niemand genannt. Ob der Turm also tatsächlich kommt? Schließlich wurden die Pläne von 1993 damals ja auch groß angekündigt – um dann stückchenweise wieder in der Schublade zu verschwinden.
Abgesehen davon, dass ein neues Hochhaus alles andere als ein Masterplan für einen Platz sein kann. Doch momentan gibt es hinsichtlich des Alex wohl nur zwei Gewissheiten: Die Dauerkirmes bleibt. Und: Irgendwas is‘ immer.
(Foto: Pixabay)
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