Park – Kampf oder wie Berlin mit Freiflächen umgeht – ein Lehrbeispiel für kurzsichtige, unkoordinierte Politik.
Kommentar von Lisa Steiner
Ein Besuch im Volkspark Prenzlauer Berg kann total erbaulich sein. Schwelgt die Seele doch in einem Dickicht wild wuchernder Gewächse. Egal, ob Wiese, Strauch oder Baum – hier wächst alles so, wie die Natur es will. Doch, halt. Eigentlich ist der Volkspark doch ein PARK und kein Urwald. Was die Seele angesichts des ersten Anblicks ach so schön findet, regt das Gehirn wenig später zum Denken an. Es fragt, wieso hier alles so ungepflegt ist. Wieso (Holz-)Treppen so marode sind, dass sie wohl schon vor Jahren behelfsmäßig gesperrt wurden.
Die Antwort ist ernüchternd einfach: Die Stadt hat wieder mal zu wenig Geld. Und: Prestigeprojekt ist der Volkspark Prenzlauer Berg mit seiner Lage außerhalb des Rings (im Gegensatz zum Volkspark Friedrichshain) auch keines.
Wobei der Blick auf einstige und jetzige Prestigeprojekte ahnen lässt, dass das wohl im Endeffekt auch egal wäre. Wagen wir zuerst einen Blick in den Mauerpark. Seit Jahren müsste der eigentlich schon doppelt so groß sein. Allerdings hat sich die Stadt auf einen (faulen?) Deal mit einem Großinvestor (Groth-Gruppe) eingelassen – wieder einmal gegen den Willen der Bevölkerung. Derzeitiger Stand: Ohne Wohnungsbau – Luxuswohnungsbau, wie die engagierten Gegner es nennen – keine Parkerweiterung. Erste Bebauungspläne sollen laut der „Allianz Mauerpark“, einem Zusammenschluss mehrerer Bürgerinitiativen, im September oder Oktober ausliegen. Mehr wisse man auch nicht, so der Sprecher der Allianz gegenüber den Berliner Lokalnachrichten. Setzt sich die Initiative, beflügelt vom Erfolg der Tempelhof-Aktivisten, gegen die Bebauung durch, dann gibt’s allerdings nicht nur keine Erweiterung des Mauerparks – sondern die Stadt sitzt auch noch auf zusätzlichen Schulden. Denn man hat dem Investor wohl eine Art Ausfallsgarantie gegeben.
Berlin – respektive der Senat um Wowereit – verzockt aber nicht nur im Prenzlauer Berg mutwillig Geld mit schlechter Planung. Der nächste finanzielle (Super-)GAU heißt IGA 2017 und hängt mehr als nur ein wenig mit der Tragödie (aus Sicht der Politik) ums Tempelhofer Feld zusammen. Eigentlich wollte man die Internationale Gartenausstellung 2017 ja ebendort veranstalten. Daraus wurde aber nichts. Nicht wegen der Bürgerproteste gegen die Bebauung, sondern eben wegen jener Bebauung. Viel zu spät sah der Senat ein, dass sich beide Wunschprojekte, Wohnungsbau und Gartenmesse, irgendwie in die Quere kommen könnten. Und verlegte dann, natürlich schon, nachdem Kosten für die erste Planungsphase angefallen waren, die IGA nach Marzahn. Dort muss man zwar weniger investieren, wird aber durch die zu erwartenden niedrigeren Besucherzahlen auch mehr Miese machen. Trotzdem investiert die Stadt jetzt für die Gartenschau Millionen in eine Erweiterung des Geländes der „Gärten der Welt“. Nach der IGA wird der neue Englische Garten aber wohl eher auch kein Touristen-Hotspot. Für die Bevölkerung sind die Gärten der Welt auch jetzt schon keine echte Parkalternative … denn: Wer will schon Eintritt in den Park zahlen?
Die Liste der Investitions-Idiotie ließe sich fortsetzen (auch ohne das Riesendebakel BER zu nennen). Da das aber wahrscheinlich nicht nur den Rahmen dieses Kommentars, sondern der gesamten Ausgabe einer Zeitung sprengen würde, verzichtet die Redakteurin schweren Herzens darauf. Was aber noch gesagt werden muss: Vielleicht wäre es sinnvoll, wenn Wowereit und Kumpanen zuerst mit der Bevölkerung reden, dann mit möglichen Investoren. Vielleicht wäre es auch sinnvoll, unabhängige, gemeinwohlorientierte (!!) Finanzberater in solche Gespräche einzubinden. Aber vielleicht wäre es am sinnvollsten, wenn Wowereit erstmal die Finger von Großprojekten lässt – Stichwort Olympia – bis er es mit seiner Verwaltung hinkriegt, wenigstens einen kleinen Park in Schuss zu halten.
(Artikelfoto: ©
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