Der Terror in Paris hat uns alle getroffen. Viel mehr, als andere Anschläge, bei denen täglich ebenfalls viele Menschen ums Leben kommen.
Weil uns Paris näher ist, nicht nur geografisch, sondern auch gesellschaftlich. Paris, das ist Europa. Paris, das ist „der Westen“. Paris – das hätte gefühlt auch Berlin sein können. So ist die Trauer für die Opfer in der französischen Hauptstadt nur eines jener Gefühle, mit dem wir umgehen müssen. Hinzu kommen Angst und Wut. Angst, davor, dass sich tatsächlich auch bei uns, mitten in Berlin, ein paar Geistesgestörte unter dem Deckmantel eines religiösen Kriegs in die Luft sprengen. Wut, weil wir uns gegen diese Art der Bedrohung nicht gewappnet fühlen.
Doch: Wie sicher ist Berlin momentan wirklich? Müssen wir Angst vor Terror haben? Wenn man ganz ehrlich ist, kann diese Fragen niemand zu 100 Prozent beantworten. Fakt ist: Egal, wie gut die Polizei, die Geheimdienste, die Bevölkerung vorbereitet sind. Gänzlich verhindern wird man Terrorismus nie können. Berlin ist aber offenbar gewappnet.
So sagte Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Tag nach den Attentaten im Zuge einer Trauerkundgebung, es bestehe kein Grund zu „besonderen Sicherheitssorgen“. Aber natürlich werde man die Situation weiter sensibel beobachten und mit geeigneten Maßnahmen reagieren, so Müller. Dass es in Berlin noch keine Anschläge gegeben habe, führte der Regierende auch auf die gute Arbeit der Sicherheitsbehörden zurück. Und: Müller wandte sich auch gegen jene, die den Terror als Vorwand nehmen, um gegen Flüchtlinge zu hetzen: „Es ist aber genau umgekehrt: Die Menschen, die hierher kommen, flüchten vor diesen Leuten“, erklärt Berlins Bürgermeister, warum Menschen aus Syrien zu uns kommen.
Trotz dieser beruhigenden Worte des Stadtoberhaupts liegen die Nerven bei vielen in Berlin blank. Das zeigen auch jene insgesamt acht Bomben-Fehlalarme, die am Montag nach den Anschlägen von Paris in Berlin zu weiträumigen Straßensperren führten. So waren unter anderem Ku’damm, Gendarmenmarkt und Alexanderplatz zeitweilig gesperrt, weil dort verdächtige Gegenstände – meist allein gelassene Gepäckstücke – gemeldet wurden. In ALLEN Fällen: Fehlalarm. Natürlich ist es einerseits traurig, dass wir beim Anblick eines einsamen Koffers nach wenigen Minuten an Terror denken. Andererseits zeigen diese sofortigen und funktionierenden Sperren durch die Polizei, dass man die Lage ernst nimmt und reagiert. Die Polizei selbst bekräftigt: Es sei sehr wichtig, dass verdächtige Beobachtungen gemeldet werden. Und das ist es! Besser hundert Fehlalarme als auch nur ein Toter durch ein Attentat.
Was wir trotz aller Umsicht nicht vergessen dürfen ist aber, wie Terror und Krieg funktionieren: Sie speisen ihre Energie aus blindem Hass und großer Angst. Ja, klar, niemand kann seine Angst vor einem Anschlag einfach wieder „ausschalten“. Aber wir alle können uns vor Augen führen, wie rational oder irrational unsere Furcht ist. Dann können wir leichter mit ihr umgehen, sagt auch Psychologin Andrea Abele-Brehm: „Forschung zeigt, dass Menschen nach der Berichterstattung über beängstigende Ereignisse, wie Flugzeugabstürze, mehr Angst empfinden. Das hat mit der gestiegenen Aufmerksamkeit zu tun. Üblicherweise reduziert sich diese Angst wieder, wenn auch die mediale Aufmerksamkeit zurückgeht. Erhöhte Angst nach solchen „Ereignissen“ ist also „normal““, so Abele-Brehm im Berliner Kurier. Es wäre absolut fatal, wenn die Terroristen „Erfolg“ hätten, indem sie uns dazu bringen, unser freies Leben und unseren Lebensstil zu ändern oder einzuschränken, so die Psychologin weiter. Ich teile ihre Ansicht. Kampf gegen den Terror heißt nicht, die Spirale der Gewalt weiter eskalieren und selbst Bomben werfen. Kampf gegen den Terror beginnt im Kopf und in der Nachbarschaft. Wir dürfen nicht beginnen, uns unmenschlich zu verhalten – egal, wem gegenüber. Mensch ist Mensch. Nur Terroristen selbst sind Unmenschen.
A.Schmierer / Artikelfoto: Udo Lauer • www.merlin-presse.de
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