Berlins Wohnmieten steigen weiterhin, Mieten für kleine und große Altbauwohnungen sogar überdurchschnittlich – so geht es nun auch aus Berlins neuem Mietspiegel hervor
Der Senat hat im Mai seinen Mietspiegel (2017) veröffentlicht. In der alle zwei Jahre erscheinenden Zahlenanalyse stehen die durchschnittlichen Preise für den Großteil von Berlins Mietwohnungen. Dem neuen Mietspiegel zufolge sind die meisten Wohnmieten in Berlin teurer geworden. Überdurchschnittlich teurer geworden sind kleine und große Altbauwohnungen aus der Gründerzeit. Am günstigsten wohnt es sich in Wohnungen aus der DDR-Zeit, die nach 1973 entstanden. Die höchsten Nettokaltmieten werden in Neubauwohnungen von 2003 bis 2015 fällig.
Besonders transparent ist der neue Mietspiegel nicht. Etwa ein Viertel der Vergleichswerte in der maßgeblichen Mietspiegeltabelle ist mit einem oder mehreren Sternchen gekennzeichnet. Die Sternchen stehen für geringe Aussagekraft. Offenbar rückten zu wenige Wohnungsunternehmen ihre Mietpreise heraus. Genauer wird das in einem Hintergrundbericht stehen. Den hat der Senat nicht zeitgleich zum Mietspiegel veröffentlicht, sondern der folgt irgendwann später: „Der Endbericht wird frühestens in 2 Monaten vorliegen.“, so Katrin Dietl, Pressesprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen.
Wie war das eigentlich noch mal mit dem Mietspiegel? Folgendes gehört zu dem guten Stück: eine Mietspiegeltabelle mit den Preisen pro Quadratmeter in verschiedenen Berliner Wohnungstypen. Dann gehört ein Straßenregister dazu, wo konkrete Wohnadressen den Werten aus der Tabelle zugeordnet werden können. Schließlich erläutern noch etliche Seiten Text den Gebrauch des Mietspiegels. Ein Anhang gibt einen Überblick zu üblichen Betriebskosten.
Unzählige Ausnahmen
Was nicht vom Berliner Mietspiegel an Mietwohnungen erfasst wird, ist bemerkenswert: viel. Der Mietspiegel gilt einfach oft nicht durch viele Ausnahmen. Er gilt nicht für Wohnungen in Reihen-, Ein- und Zweifamilienhäusern, für keine öffentlich geförderte Wohnung, keine Wohnungen von Genossenschaften, keine jünger als anderthalb Jahre alte Wohnungen, umfassend sanierte Wohnungen und nicht für Wohnungen mit Außen-WC. Das heißt zum Beispiel, ein Vermieter kann für eine olle Klitsche von unsanierter Wohnung, die nicht mal’n normales Klo hat, eine willkürlich höhere Miete bei Neuvermietung festlegen. Die Nachfrage ist ja groß genug.
Wie dem auch sei, es gibt den Mietspiegel dem Bürgerlichen Gesetzbuch gemäß. Er ist vor Gericht bei Prozessen um Miethöhen verwendbar und Folgendes lässt sich zusammengefasst aus dem aktuell gültigen herauslesen.
Überall teurer
Erstens: Die meisten untersuchten Wohnmieten sind gestiegen. Im Durchschnitt kostet eine Wohnung mehrere Prozent mehr gegenüber dem vorherigen Mietspiegel von 2015. Zu viele Leute möchten zu wenige Wohnungen mieten. Katrin Lompscher (Linke), Senatorin für Wohnen, sagt das so: „Die bestehende Wohnungsknappheit und in der Folge die steigenden Mieten spiegelt der neue Berliner Mietspiegel 2017 wider.“
Altbau aus dem Kaiserreich besonders
Zweitens: Vor allem kleine und große Altbauten aus der Zeit vor 1918 sind teurer geworden. Die höchsten Mietanstiege verzeichnen solche in guter Lage. Gute Lage laut Mietspiegel steht für Kriterien wie Grün- und Freiflächen in der Umgebung, differenzierte Nahversorgung und gute Verkehrsanbindung. Wo Altbauwohnungen aus dieser Zeit in einfacher Lage um rund 1 Euro angestiegen sind, sind es bei solchen in guter Lage pro Quadratmeter 2,70 € zusätzlich.
Günstigste Wohnungen: aus der DDR-Zeit
Drittens, in Mietwohnungen aus der DDR-Zeit nach 1973 wohnt es sich derzeit am günstigsten. Sie verzeichnen den geringsten Mietanstieg. Ihr Preis pro Quadratmeter geht runter bis zu 4,70€. Ebenfalls niedrig ist der Anstieg bei mittel großen und großen Neubauwohnungen aus der BRD in den 1950er- und frühen 1960-Jahren. Dagegen kosten mittlere und große Mietwohnungen von nach 2003 über 10€ den Quadratmeter.
Spiegel kaputt, Bremse im Aus
Was ist nun eigentlich bei dem allgemeinen Mietenanstieg mit der Mietpreisbremse? Is die weg? Zur Erinnerung, sie ist ein bundesweites Gesetz der Großen Koalition, das MieterInnen in Ballungszentren vor Verdrängung durch Mietenanstieg schützen soll. Eine Neumiete darf bei Abschluss eines Vertrags die Vergleichsmiete vor Ort um höchstens 10 Prozent überschreiten. Dafür brauchen Wohnungssuchende die Vergleichswerte aus dem Mietspiegel. Also aus dem Mietspiegel mit den oben genannten vielen Ausnahmen sowie unsicherer Zahlenbasis. VermieterInnen sind müssen vorherige Mieten zudem nicht offenlegen. So viel dazu. Wenn die Bremse ein Fahrzeug anhalten müsste, gäbe es einen Crash.
Zum Glück ist die Metapher Bremse als Titel des Gesetzes der Koalition nur eine Metapher für ein Gesetz und es gibt (etwas) mehr, wie BerlinerInnen in begehrten Wohnungen vor Verdrängung geschützt werden sollen und können.
Besser geht auch manchmal
Berlins Senat ist seit Dezember im Amt. Was kann er diesbezüglich vorweisen? Nicht viel, immerhin hat er mit den sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften mehrere Schutzmaßnahmen vereinbart. Den Gesellschaften gehören rund 300.000 Wohnungen in Berlin. Die Mieten in diesen Wohnungen dürfen jährlich nur noch höchstens um 2 Prozent steigen.
BerlinerInnen mit geringem Einkommen sollen laut Vereinbarung leichter an freie Wohnungen kommen. Ihre Miete kann zudem gesenkt werden. In Niederschöneweide und Oberschöneweide hat der Senat zwei neue Milieuschutzgebiete verordnet. Eine Reihe von Bebauungsplänen für neuen Wohnraum wurde festgesetzt. Das war’s, alles andere ist Zukunftsmusik und wird sich auf die eine oder andere Weise zeigen.
Über folgende Website kann die eigene Wohnadresse im Mietspiegel nachgesehen werden bezüglich Wohnlage und Vergleichsmiete: www.berlin.de/mietspiegel
Zudem informiert jedes Bürgeramt über die Einordnung von Adressen in den Mietspiegel.
(Artikelfoto: Berlins Mietpreise steigen unaufhaltsam / Foto: J.Tust)
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