Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klima hat gestern die geplanten Maßnahmen des Luftreinhalteplans den Bezirksstadträten, Fraktionsvorsitzenden, Wirtschafts- und Umweltverbänden vorgestellt. Die Öffentlichkeitsbeteiligung soll in Kürze dazu starten. Der ADAC Berlin, die Handwerkskammer Berlin, die IHK Berlin, die Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg e.V., die Fuhrgewerbe Innung Berlin Brandenburg e.V., die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg werden sich am Verfahren beteiligen. Sie warnen vor den Folgen möglicher Fahrverbote insbesondere für die Berliner Wirtschaft, die mangels Alternativen häufig noch nicht umsteigen kann.
Einzelne Durchfahrtverbote sind durch das Berliner Verwaltungsgericht bereits angeordnet worden. Die Kammern und Verbände fordern die weitere konsequente Umsetzung des Kurzfristprogramms für eine nachhaltige Mobilitätswende des Berliner Senats, verlässliche Rahmenbedingungen sowie die Sicherung des Wirtschaftsverkehrs durch hinreichende Ausnahmeregelungen.
Luftqualität hat sich seit 1989 stark verbessert
In Berlin wurde in den letzten Jahrzehnten viel für eine bessere Luft erfolgreich umgesetzt: Seit 1989 haben sich die Stickoxidemissionen (NO2) aus dem Verkehr um 60 Prozent und Rußpartikelemissionen (PM10) um über 70 Prozent vermindert. Verändertes Mobilitätsverhalten sowie ein natürlicher Flottenaustausch verbessern die Luftqualität weiter. Das zeigen auch die sinkenden NO2-Werte an den Hauptverkehrsstraßen, die so drastische Maßnahmen wie Fahrverbote nicht rechtfertigen.
Zudem sind weitere Maßnahmen in die richtige Richtung auf den Weg gebracht. Dazu zählen beispielsweise saubere Busse auf besonders belasteten Straßen oder Förderprämien für die Anschaffung von Lastenrädern und E-Fahrzeugen. Ein deutlicher Anstieg angemeldeter E-Fahrzeuge ist ein erster Erfolg. Bald fahren 30 neue Elektrobusse auf Berlins Straßen, 15 weitere sind bestellt. Das Investitionsvolumen der BVG wurde auf 1,5 Milliarden Euro verdoppelt. Doch es kann noch mehr getan werden.
Gefordert werden mehr ÖPNV, elektro- und gasbetriebene Fahrzeuge und mehr Beratung
Die Berliner Politik ist deshalb aufgefordert, weitere Potentiale zur Luftverbesserung zügig auszuschöpfen, die helfen Fahrverbote zu vermeiden. Dazu gehören:
- Ausbau und Taktverdichtung von U-Bahnen und Straßenbahnen: Autofahrer können nur auf den ÖPNV umsteigen, wenn ein adäquates Angebot vorhanden ist. Dazu müssen schnell mehr Bahnen in dichterem Takt verkehren.
- Stärkere Nutzung von Elektrofahrzeugen innerhalb der Verwaltung: Seit 2012 ist es Ziel, den öffentlichen Fuhrpark zu elektrifizieren. Passiert ist aber wenig. Damit die Verwaltung als Vorbild dienen kann, muss die Elektrifizierung der landeseigenen Fahrzeugflotten jetzt schnell und unbürokratisch umgesetzt werden.
- Schnellerer Ausbau der Ladeinfrastruktur: Damit die Ladeinfrastruktur nicht zum limitierenden Faktor der E-Mobilität wird, muss das Land schnell proaktiv das Angebot vergrößern, statt auf Nachfrage zu warten. Genehmigungsverfahren in den Bezirken müssen vereinheitlicht werden.
- Förderung gasbetriebener Fahrzeuge: Da gerade im Segment leichter und schwerer Nutzfahrzeuge kaum wirtschaftliche Elektro-Modelle verfügbar sind, muss auch der Umstieg auf den sauberen Erdgasantrieb gefördert werden.
- Ausbau des Informations- und Beratungsangebotes sowie Einflussnahme auf die Bundespolitik: Mit einem erweiterten Beratungsangebot sollte das Land Berlin den verunsicherten Fahrzeughaltern nicht nur bei der Umstellung auf alternative Antriebe, sondern auch bei der Nachrüstung Orientierung bieten. Die Berliner Wirtschaft ist durchaus bereit, hier auch einen Beitrag zu leisten. Voraussetzung dafür sind zugelassene und funktionierende Nachrüstsysteme (SCR) sowie ein unbürokratisches Antragsverfahren zur Nutzung der angebotenen Fördermittel.
Nicht zuletzt hat die EU für deutsche Städte den Weg freigemacht, im Regelfall von Fahrverboten absehen zu können, wenn der Grenzwert nicht über 50 µg/m3 liegt. Das ist in den meisten Berliner Straßen der Fall. Fahrverbote müssen verhältnismäßig sein. Andere Maßnahmen sind vorzuziehen: Deshalb sollte sich Berlin darauf konzentrieren, auch seinen auf Bundesebene unterstützten Green City Plan zur digitalen Verkehrslenkung mit insgesamt 40 Maßnahmen zur Förderung des ÖPNV, intermodalen Angeboten, einem stadtverträglichen Güterverkehr bis 2020 umzusetzen.
Mehr Informationen unter www.hwk-berlin.de
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