Ballhaus Chausseestraße: Unterhaltung, Tanz und Speisen an historischer Stätte

Eingang zur historischen Stätte "Ballhaus Berlin".

Regelmäßig finden Hoteltreffs, organisiert von Mitgliedern des Clubs der Tourismus-Journalisten Berlin, statt. Diesmal ging  es in das Berliner Ballhaus, Chausseestraße 102. Es ist eines von den historischen Ballhäusern in Berlin und es ist das Älteste.

Bekannter ist sicher Clärchens Ballhaus in Mitte in der Auguststraße 24 mit zwei getrennten Sälen, der obere  Spiegelsaal war für die „bessere“ Gesellschaft und unten konnten die „einfachen Leute“ tanzen. Nun befanden wir uns also in Feuerland, wie damals der Volksmund die Chausseestraße nannte, weil sich hier Fabriken der Gründerzeit mit rauchenden Schloten, Funkenschlag und Gehämmer, Armenhäuser, Friedhöfe, kärgliche Arbeiterwohnsiedlungen befanden.

Wir standen dort, wo sich vor dem Krieg das Vorderhaus befand, heute eine freie Fläche. Gespannt hörten wir Arne Krasting, Historiker und Experte der Weimarer Republik, zu.  Das Ballhaus war zunächst als Gasthaus und Kaffeegarten unter dem Namen „Zum Alten Baden“ 1905 in der Chausseesraße102, dem ehemaligen „Chausseepalast“ eröffnet. Es entwickelte sich dann in den Goldenen Zwanziger Jahren der Weimarer Republik zu einer der angesagtesten Vergnügungsstätten  in Berlin. Nach dem zweiten Weltkrieg eröffnete es als „Behrens Casino“, es gab den „gemütlichen Altdeutschen Ball“ bevor es 1975 Volkseigentum wurde. Restauriert als „Ballhaus Berlin „ erlebte es goldene Zeiten mit Paartanz unter der Discokugel, Telefonflirt, Damenwahl, Schaumwein und Whisky Cola. 2014 erfolgte die Übergabe an das heutige Ballhaus-Team.

Arne Krasting, der auch Geschäftsführer von Zeit-Reisen ist, kommt bei seinen Führungen durch die Stadt auch regelmäßig hier vorbei. Schließlich gehört es  zu den Drehorten der TV-Serie „Babylon Berlin“, in der er selbst in der Staffel 3 mitwirkte. Interessant –  wie sich die Gegend veränderte, dort zu stehen wo sich schon 1905 die Tore  zum Tanzvergnügen öffneten.

Der Ballsaal im Hinterhaus blieb bestehen…

Ja, das ist schon eine inspirierende Atmosphäre, wie man sie so aus den Filmen des alten Berlin kennt: Hohe in Rotgold dekorierte Wände mit Stuck, etwas düster wirkend, verrucht, Kronleuchter, Spiegel, Tischtelefone, eine Wendeltreppe nach oben zur Galerie mit Sitzbalkonen. Die große Bar – der erste Eindruck – man befindet sich in einem anderen Zeitalter. Das Meiste ist original aus dem Jahre 1905 erhalten, so Mirco Vetter, seit acht Jahren Betriebsleiter im Ballhaus. Und die Tischtelefone von 1936 sind  keine Attrappe – sie funktionieren noch. Wir probieren es aus. Herrlich – direkter Kontakt durch das Klingeln am Nebentisch – keine Handys, kein WhatsApp.

Es ist ein normaler Arbeitstag, an dem wir das Ballhaus besuchen, wo 20:00 Uhr noch ein Konzert zu hören ist. Langsam füllen sich die Tische mit zwei, vier oder mehr Personen. Wir nehmen an einer langen Tafel Platz, die für uns reserviert wurde, ich schaue mich um, lasse die Umgebung auf mich wirken. Es hat schon etwas Besonderes.

Dann bekommen  wir den traditionellen Kartoffelsalat mit Bullette und Gurke serviert (lecker!), warten auf die Künstler des angekündigten Konzertes, wo das Clair-obscur –Saxophonquartett, bestehend aus vier Musikern, den Englisch-Hornisten der Berliner Philharmoniker Dominik Wollenweber für ein klassisches Konzert treffen. Wir hören verschiedene Stücke von J.S. Bach, von M. Ravel und W.A. Mozart – ein Oboenquartett. Ich  lasse mich bezaubern von der ungewöhnlichen Klangvielfalt, bin begeistert wie Dominik Wollenweber voller Hingabe die Töne aus der Oboe erklingen läßt.

Konzerte, Shows und Comedy gehören zum Programm im Ballhaus

Es soll der Geist der Goldenen Twenties in die Gegenwart gerettet werden, so möchte es Christof Blaesius, Hausherr und Ex Filmproduzent, der auch eine alte Kneipe gerettet hat, das „Alt Berlin“ von 1893 in dem Bertold Brecht seinen eigenen Stuhl hatte – sie musste 2014 wegen Haussanierung in der Münzstraße schließen. Er übernahm das Inventar – Tresen, Fenster, Bilder und die langjährige Barchefin und eröffnet die Bierstube Alt Berlin im ehemaligen Getränkelager des Ballhauses.

Wir schauen hinein. Der Tresen mit dem historischen Schild: „Ein schneller Schluck bei Heinz und Inge“, rechts dann die Bierstube, Holzdekor, Schlummerlicht, es riecht nach Rauch- Zigarren, Zigaretten…auf den Tisch kommt dann stilecht mit weißen Elefanten die Hausspezialität Alt Berliner Halb und Halb von MAMPE, eine seit 1894 destillierte Mischung aus Kräuterbitter und  Orangenlikör. Da spürt man sie wieder die alte Zeit und wer hat nicht den Film „Babylon Berlin“ gesehen – Teile wurden hier gedreht. Wer also keine Lust auf „Bälle“ hat der kann hier in aller Ruhe seine „Molle“ trinken…

Zum Ballhaus Berlin gehört auch ein HOSTEL

Zimmertüren im Hostel des Ballhaus Berlin mit den berühmten historischen Tischtelefonen.

Wer es nach einer durchzechten Nacht beispielsweise nicht mehr nach Hause schafft, oder einfach zu kaputt ist, vom Bummel durch Berlin und seinen zahlreichen Sehenswürdigkeiten, der kann hier übernachten: hinter klassischem Berliner Industriedesign befindet sich das Hostel Ballhaus Berlin. An den Türen findet man die bekannten Tischtelefone, sie dienen hier für die Zimmernummern. Es gibt Suiten, Einzel- oder Doppelzimmer und auch einen Schlafsaal für Gruppen bis zehn Personen. Doppelstockbetten, abschließbare Spinds einen Gemeinschaftswaschraum. Es ist nur zum Schlafen, Berliner und ihre Gäste haben dafür meist eh keine Zeit. Die Lage ist zentral. Sehenswürdigkeiten wie das Brandenburger Tor, die Museumsinsel, das Naturkundemuseum sind gut zu erreichen. Der Hauptbahnhof liegt nur 1100 Meter vom Hostel Ballhaus entfernt. Und wer will kann sich auch in der gemütlichen Lobby aufhalten, Teeküche, Leseecke, Kunst an den Wänden runden das  Bild ab.

Mir hat der Ausflug in die „Vergangenheit“  mit ihren neuen Elementen gefallen. Es ist immer wieder spannend und erfreulich, dass diese Dinge erhalten bleiben.

Bildergalerie Ballhaus Berlin

Text & Fotos: Petra Gütte

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